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«Miserables Marketing» Kündigung mit Hindernissen bei Swisscom

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Swisscom-Kunde kündigt sein Telefon- und Internet-Abo per Einschreiben. Damit wäre die Sache eigentlich erledigt.
  • Kurz darauf flattert jedoch ein Brief ins Haus des Kunden, in dem der Telekom-Anbieter von «Kündigungs-Anfrage» spricht. Wenn sich der Kunde nicht melde, gehe man davon aus, dass er sein Swisscom-Produkt behalte.
  • «Miserables Marketing», findet der Kunde. Swisscom spricht von einem Missverständnis.
  • Rechtlich ist der Fall klar: Sobald eine Kündigung beim Gegenüber eingetroffen ist, gilt sie.

Eigentlich sind Raimund Hipp und seine Frau sehr zufrieden mit Swisscom. Viele Jahre waren sie Kunden beim grössten Schweizer Telekom-Anbieter. «Ich habe sogar Werbung gemacht in meinem Umfeld», sagt Raimund Hipp. Trotzdem wollte er sein Telefon- und Internet-Abo kündigen. Ein unabhängiger Techniker hatte aufgrund der Wohnsituation festgestellt, dass insbesondere Radio mit einem anderen Anbieter einfacher zu empfangen sei.

Weil Hipps alles aus einer Hand wollten, kündigten sie das Swisscom-Abo per Einschreiben und dachten, damit sei die Sache erledigt. Doch diese Rechnung hatten sie ohne Swisscom gemacht. Kurze Zeit später kam ein Anruf von Swisscom. Das Unternehmen wollte wissen, was denn der Kündigungsgrund sei und ob man nicht ein Angebot machen könne. Für Raimund Hipp und seine Frau war jedoch klar: Es bleibt bei der Kündigung. «Aber fragen darf man ja.»

Das erinnert mich an einen fliegenden Teppichhändler.
Autor: Raimund Hipp

Swisscom redet von «Kündigungs-Anfrage»

Einmal mehr glaubte der Noch-Swisscom-Kunde die Sache sei erledigt. Doch dann folgte wieder einige Zeit später ein Schreiben per Post. Darin ist die Rede von «Kündigungs-Anfrage». Wenn sich Raimund Hipp nicht zurückmelde, «gehen wir davon aus, dass Sie Ihr Swisscom-Produkt […] weiterhin behalten».

Raimund Hipp versteht die Welt nicht mehr: «Das erinnert mich an einen fliegenden Teppichhändler.» Er habe Swisscom noch am gleichen Tag angerufen und gesagt, dass er schriftlich und eingeschrieben gekündigt habe – «und wenn ich schriftlich kündige, mache ich das, weil ich kündigen will und nicht, weil ich noch ein paar Mal mit Swisscom telefonieren will». Diese Botschaft ist dann offenbar angekommen: Man versicherte ihm, die Kündigung sei nun erfasst.

«Das war ein Missverständnis»

Auf Anfrage sagt Swisscom gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso», dass es hier ein Missverständnis gegeben habe. Nach einer Kündigung nehme Swisscom noch einmal Kontakt mit den Kunden auf, sagt Mediensprecherin Sabrina Hubacher. Dabei werde nach dem Kündigungsgrund gefragt und allenfalls auch ein Angebot unterbreitet. «Möchte der Kunde kein Angebot erhalten und die Kündigung definitiv durchführen, wird die Kündigung selbstverständlich direkt erfasst.»

In diesem Fall ist die Swisscom allerdings davon ausgegangen, dass Raimund Hipp ein Angebot erhalten möchte – somit wurde die Kündigung nicht erfasst. Ob man den Kunden über diesen Umstand informiert hat, kann Swisscom «nicht mehr nachvollziehen». Ebenso wenig kann das Unternehmen sagen, ob der Kunde am Telefon gebeten wurde, Bescheid zu geben, ob er das Angebot annimmt oder die Kündigung aufrechterhalten möchte. «Wenn Herr Hipp nicht entsprechend informiert worden ist, ist das ein Fehler.»

SRF-Rechtsexpertin: «Finde ich unverschämt»

Raimund Hipp kann nicht verstehen, wie Swisscom das Gefühl haben konnte, dass er an einem Angebot interessiert sein könnte. Man habe am Telefon klar signalisiert, dass an der Kündigung festgehalten werde. Dass die Kündigung nicht erfasst würde, davon sei keine Rede gewesen. «Für mich ist das miserables Marketing.»

Eine Kündigung gilt, sobald sie beim Gegenüber angekommen ist.
Autor: Gabriela Baumgartner SRF-Rechtsexpertin

SRF-Rechtsexpertin Gabriela Baumgartner findet das Vorgehen von Swisscom bei Kündigungen grundsätzlich stossend. «Eine Kündigung gilt, sobald sie beim Gegenüber angekommen ist.» Swisscom könne zwar schon ein neues Angebot machen, der Kunde könne dieses Angebot annehmen und dann müsse es einen neuen Vertrag geben. «Aber eine Kündigung einfach nicht zu erfassen, wenn man ein neues Angebot unterbreitet, finde ich unverschämt.»

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