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Multimedia Alte Handys als neu verkauft

Der Onlineanbieter Handyarena.ch verkauft gebrauchte Smartphones zum Preis von Neugeräten. Die Kunden fühlen sich getäuscht – denn online ist der Hinweis auf Gebrauchtware nur schwer zu finden. «Kassensturz» deckt auf: Hinter der Firma steckt ein Geschäftsmann, der bereits für Schlagzeilen sorgte.

Das Iphone 6 hätte Rahel Heimgartner Freude bereiten sollen. Doch sie hatte nichts als Ärger: «Es wurde von Anfang an sehr heiss. Der Akku funktionierte nicht richtig. Das Handy stürzte immer wieder ab.»

Auch Alexander Götz kaufte vor einem halben Jahr ein Iphone 6S beim Internetshop Handyarena.ch, weil ihm der Preis im Vergleich attraktiv erschien. Doch bereits ein paar Monate später begann sich das Gehäuse abenteuerlich zu wölben, und mit dem Gehäuse die Batterie darunter. Das Iphone gab den Geist auf.

Die beiden Kunden brachten ihre Handys zu offiziellen Apple-Service-Stellen. Dort wurde klar: Die Handys waren aus gebrauchten Einzelteilen zusammengesetzt, Puzzlehandys also. Götz nimmt ernüchtert zur Kenntnis: «Mein silberiges Handy ist bereits seit 2016 in Betrieb und war ursprünglich rose-gold.»

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«Über den Tisch gezogen»

Beide Handyarena.ch-Kunden fühlen sich getäuscht. Sie gingen aufgrund des Kaufpreises davon aus, ein neues Originalhandy in der Hand zu haben. Denn für ein Occasion-Handy sei der Preis nicht gerechtfertigt.

Was sie auf Handyarena.ch übersahen: Scrollt man bei den Angeboten nach unten, findet man den Hinweis, dass es sich um ein Handy aus Restbeständen, Austausch, Umtausch, SWAP, CPO handle. Welche der Kategorien zutrifft, ist allerdings unklar.

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Die wichtigsten Regeln , die Sie beim Online-Shopping beachten sollten.

Damit ist die Firma zwar rechtlich aus dem Schneider, doch mit Kundenfreundlichkeit haben solche Angaben nichts zu tun.

Zum Fall Götz schreibt das Handyarena-Team: Es habe das defekte Handy ausgetauscht. Falls der Kunde mit dem Ersatz nicht zufrieden sei, bekomme er sein Geld zurück.

Im Fall Heimgartner hat der Onlineshop das defekte Handy nicht zurückgenommen. Die Kundin habe gegen die Garantiebestimmungen verstossen, weil sie die defekte Batterie von einem fremden Reparaturshop auswechseln liess.

Das Handyarena-Team sagt gegenüber «Kassensturz», es verkaufe nur Original-Produkte. Ausserdem verweist es auf tausende zufriedener Kunden.

Geschäftsmann mit illustrer Geschichte dahinter

«Kassensturz»-Recherchen ergeben: Hinter Handyarena.ch steckt ein Geschäftsmann, der bereits vor Jahren für Schlagzeilen sorgte: Timo Nothhelfer. Die Konsumentensendung «Espresso» von Radio SRF 1 berichtete mehrfach über die Geschäftspraktiken dieses Mannes. Sein erster Onlinehandel mit Handys ging Konkurs. Mit seinem zweiten stand er in der Kritik, weil er Kunden bezahlen liess, die Ware aber nicht oder nur auf Druck auslieferte.

Bei Handyarena.ch tritt Nothhelfer nur noch im Hintergrund auf. Offiziell führt das Geschäft eine polnische Staatsangehörige. Sie schreibt: Nothhelfer werde nur im IT-Bereich für Arbeiten zugezogen. Doch die Geschäftspraktiken erinnern stark an diejenigen der Firmen Traduno und Enovo, beides Firmen, die Timo Nothhelfer gehören oder gehört haben, und die er von immer dergleichen Firmenadresse in Tägerwilen aus betreibt wie jetzt die Handyarena.ch.

Obwohl Handyarena.ch in einer schriftlichen Stellungnahme jegliche Verbindung zwischen ihrem heutigen Geschäft und den früheren Geschäften Timo Nothhelfers bestreitet, findet «Kassensturz» weitere Hinweise, dass Timo Nothhelfer doch hinter Handyarena.ch steckt. Bei einem Überraschungsbesuch bestätigt ein Mitarbeiter, dass sein Chef Timo Nothhelfer sei. Und: Bis vor einem Jahr wohnte Nothhelfer über mehrere Jahre zusammen mit der polnischen Geschäftsführerin von Handyarena. ch in Kreuzlingen am schönen Bodensee.

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