Der Fall: Drei Tage gratis schuften?
Völlig unverhofft verliert Nadia P. ihre Stelle. Während der Kündigungsfrist ist sie freigestellt. Die kaufmännisch Angestellte macht sich sofort auf die Suche nach einer neuen Stelle. Doch das erweist sich als schwierig.
Nadja P. möchte unbedingt arbeiten. Egal wo. Deshalb bewirbt sie sich als Aushilfe in einem Fitness-Studio. Dort reagiert man prompt: Ob Nadia P. bereit sei, probeweise drei Tage mitzuarbeiten? Nadia P. ist einverstanden. Drei Tage packt sie mit an: Mixt Vitaminshakes an der Bar, erklärt Kunden die Geräte und putzt die Garderoben. Nadia P. tut alles, um die Stelle zu bekommen.
Doch wenige Tage später fischt sie eine Absage aus dem Briefkasten. Ohne Begründung. Nadia P. ist enttäuscht und frustriert. Auch Lohn will ihr das Studio nicht zahlen. Für Probetage gebe es keinen Lohn.
Doch damit nicht genug Ärger: Als Nadia P.'s Arbeitgeber vom Einsatz im Fitness-Studio erfährt, streicht er den letzten Lohn. Angeblich, weil sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht arbeiten dürfe. Nadia P. erkundigt sich bei verschiedenen Stellen und bekommt verschiedene Auskünfte. «Nun weiss ich nicht mehr, was stimmt», schreibt sie kurz darauf der Redaktion «Kassensturz/Espresso».
Das steht im Gesetz: Für Arbeit gibt es Geld
Angestellte dürfen während der Kündigungsfrist Probetage absolvieren. Schliesslich sind sie verpflichtet, alles zu tun, um eine Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Anders, wenn ein Angestellter während der Kündigungsfrist eine neue Stelle antritt: In diesem Fall müsste der ehemalige Arbeitgeber keinen Lohn mehr bezahlen.
Nadia P. kann also vom ehemaligen Arbeitgeber den letzten Monatslohn einfordern. Nötigenfalls mit einer Klage vor Arbeitsgericht. Doch nicht nur das: Sie könnte auch vom Fitness-Studio eine Entschädigung für die drei Tage verlangen. Lässt ein Betrieb Kandidaten im Rahmen eines Probetages arbeiten, so muss er sie für ihren Einsatz entschädigen. Ausgenommen sind so genannte Schnuppertage, bei denen es nur ums Kennenlernen des Betriebes geht, der Kandidat aber keine Arbeiten verrichten muss. Wurde die Höhe der Entschädigung nicht vereinbart, so muss der Betrieb einem Kandidaten einen orts- und branchenüblichen Lohn bezahlen.
Will der Arbeitgeber für den Probetag nichts oder nur die Spesen bezahlen, muss er dies dem Kandidaten im Voraus mitteilen. Es ist Sache des Arbeitgebers, die Regeln zu kommunizieren. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung kann der Kandidat eine Entschädigung verlangen.
Die Lösung: Der Arbeitgeber lenkt ein
«Espresso» rät der jungen Frau, auf ihrem Lohn zu bestehen und beim ehemaligen Arbeitgeber zu intervenieren. Nadja P. ist kurz davor, aufzugeben. Einen Monat später meldet sie sich auf der «Espresso»-Redaktion. Eine Stelle suche sie noch immer. Aber: Sie habe vom ehemaligen Betrieb endlich ihren Lohn bekommen, freut sie sich. Das könne sie in der Situation gut gebrauchen. Dank «Espresso» habe sie nicht aufgegeben. Ob sie nun noch den Lohn vom Fitness-Studio einfordern will, muss sie sich überlegen. Einen Anspruch hätte sie nach wie vor. Ansprüche aus Arbeitsrecht verjähren erst nach fünf Jahren.