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Frühzeitige Kündigung Kündigung vor Stellenantritt: Welche Rechte haben Arbeitnehmende?

Wenn der Arbeitgeber den Job noch vor dem ersten Arbeitstag kündigt, darf er das – Geld sollte es trotzdem geben.

Vorstellungsgespräch und Probearbeiten im Hotel Restaurant Sonne Seuzach waren erfolgreich, der Chef sehr nett, der Vertrag unterzeichnet – die Servicemitarbeiterin aus Winterthur happy. In den Ferien bekommt sie den Arbeitsplan zugeschickt – nur wenige Tage später dann aber der Hammer: In einem weiteren Mail schreibt ihr der Chef des Restaurants: «Sie werden in den nächsten Tagen einen eingeschriebenen Brief von uns erhalten. In diesem Brief ist Ihre Kündigung.»

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Ein Schock für die Servicemitarbeiterin, zumal diese Kündigung noch vor ihrem ersten Arbeitstag erfolgt und sie kurz zuvor ihre alte Arbeitsstelle gekündigt hat. Man habe zu viele Leute eingestellt, steht im Kündigungsschreiben. Die Mutter von zwei Kindern steht ohne Job und ohne Geld da, sie wäre auf die 80-Prozent-Stelle angewiesen.

Unterstützung von der Frauenzentrale und Freunden

Sofort geht sie aufs RAV, dort zeigt man ihr ein Stelleninserat mit einer möglichen Stelle – ein zweiter Hammer: Die Sonne Seuzach sucht neue Servicekräfte.

Die Frau lässt sich in der Frauenzentrale Winterthur von einer Anwältin beraten und schreibt dem Chef der Sonne Seuzach einen Brief. Sie fordert Lohn für die erste Arbeitswoche – rund 900 Franken –, da im Vertrag steht, dass die Kündigungsfrist in der Probezeit sieben Tage betrage. Ausserdem möchte sie wissen, warum ihr gekündigt wurde und die Sonne gleichzeitig neue Mitarbeitende sucht.

Lohnforderung ignoriert

Auf die Lohnforderung geht der Chef der Sonne nicht ein und die ausgeschriebene Stelle sei nicht für den Frühstücksdienst, um den es sich bei der Stelle der Servicemitarbeiterin gehandelt hätte, sondern um eine reguläre Servicestelle mit Zimmerstunde, Spätdienst und Wochenenddienst. Ob die Frau diese Stelle antreten möchte, wird sie nicht gefragt.

Alle Rechtsfragen

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Rechtsexpertinnen Raphaela Reichlin und Gabriela Baumgartner
Legende: Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin Quelle: SRF Oscar Alessio / Roberto Crevatin

Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten .

Falls auch Sie eine Frage haben, schreiben Sie uns.

Ein weiterer eingeschriebener Brief eines Anwalts mit der gleichen Lohnforderung bleibt unbeantwortet.

«Espresso» schaltet sich ein

Daraufhin meldet sich die Servicemitarbeiterin beim Konsumentenmagazin «Espresso». Drei E-Mails und ein Telefongespräch später verweist der Chef der Sonne Seuzach auf seine Anwältin. Diese wiederum schreibt dem Anwalt der Servicemitarbeiterin unter anderem, es habe keine Freistellung gegeben und auch keine Arbeit, deshalb bestehe auch kein Lohnanspruch. Man wolle die Angelegenheit jedoch in Kürze erledigen und biete der Mitarbeiterin einen Betrag von 800 Franken an.

Die Servicemitarbeiterin nimmt das Angebot an, obwohl es nicht der ganze geforderte Betrag ist. Sie ist einfach nur froh, dass die Geschichte nun ein Ende hat. «Aber ohne die Hilfe von Freunden und von ‹Espresso› hätte ich das niemals geschafft.»

Wie sieht es rechtlich aus?

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Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich mit Antworten.

Darf man jemandem vor Stellenantritt kündigen?

Ja, eine solche Kündigung ist zulässig.

Die Kündigungsfrist in der Probezeit beträgt in der Regel sieben Tage. Hat man trotz Kündigung vor Stellenantritt Anspruch auf den Lohn dieser sieben Tage?

Das ist rechtlich nicht ganz klar. Überwiegend wird allerdings die Meinung vertreten, dass die Kündigungsfrist erst ab Stellenantrittsdatum zu laufen beginnt und für diese sieben Tage hat man Anspruch auf Lohn. Man muss aber bereit sein, die Arbeit auch zu leisten. Meistens verzichtet der Arbeitgeber jedoch darauf, weil es sich für so eine kurze Zeit nicht lohnt, jemanden einzuarbeiten.

Was tun, wenn der Arbeitgeber den Lohn nicht zahlen will?

Zuerst sollte man einen eingeschriebenen Brief mit seiner Forderung stellen. Wenn das nichts nützt, bleibt einem nichts anderes übrig, als den Rechtsweg zu beschreiten.

Hat man eine Chance vor Gericht?

Ist man als Mitarbeiter bereit, seine Arbeit für die sieben Tage zu leisten, hat man gute Chancen, den Lohn zugesprochen zu bekommen. Wichtig ist: Wenn man den Lohn für die sieben Tage einfordert, muss man als Arbeitnehmerin auch aktiv anbieten, dass man diese Tage arbeiten könnte. Ansonsten könnte es vor Gericht schwierig werden, Recht zu bekommen. Zu lange warten sollte man übrigens nicht, wenn man eine Klage einreichen möchte, rechtlich hat man aber fünf Jahre Zeit damit, dann läuft die Verjährungsfrist ab.

Espresso, 29.11.2023, 8:10 Uhr

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