Ein Malheur, das wohl jedem hätte passieren können: Ein Kollege seines Sohnes setzt sich auf den Gartentisch eines «Espresso»-Hörers aus Winterthur. Doch der Tisch vermag das Gewicht nicht zu tragen, eine Ecke verbiegt sich.
Der «Espresso»-Hörer bittet die Eltern des Jungen, den Fall ihrer Haftpflichtversicherung anzumelden. Beim Tisch handelt es sich um einen teuren Designertisch dessen Instandstellung laut Offerte des Herstellers 1500 Franken kosten wird.
Die Haftpflichtversicherung lehnt nun den Schaden ab. Als Begründung schreibt sie, der Tisch sei bereits zehn Jahre alt und damit «vollständig amortisiert». Die Eltern des Jungen bieten immerhin 500 Franken an.
Der Eigentümer des Tisches versteht die Welt nicht mehr. «Der Tisch war in einwandfreiem Zustand. Erst letztes Jahr habe ich ihn abschleifen und neu lackieren lassen», schreibt er dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 und möchte wissen: «Muss ich die Reparatur nun wirklich praktisch selber zahlen?»
Wer einen Schaden verursacht, muss ihn wieder gut machen
Der Mann ist zu Recht skeptisch. Die Gründe, weshalb Versicherungen Leistungen verweigern, sind nicht immer stichhaltig.
So auch in diesem Fall. Wer jemandem einen Schaden zufügt, wird schadenersatzpflichtig. Bei Sachschäden sind in der Regel die Kosten für eine Reparatur zu ersetzen. Lohnt sich eine Reparatur nicht mehr, so kann die geschädigte Person die Kosten für einen vergleichbaren Ersatzgegenstand verlangen, also die Wiederbeschaffungskosten.
Diese Wiederbeschaffungskosten entsprechen:
- Bei nicht wertbeständigen Gegenständen dem Zeitwert des beschädigten Gegenstandes.
- Bei wertbeständigen Gegenständen dem Neuwert. Von diesem Betrag wird der Restwert der beschädigten Sache abgezogen.
- Bei Gegenständen des täglichen Gebrauchs ist der Neuwert zu ersetzen. Weil für diese Gegenstände kaum einen Occasionsmarkt gibt, haben sie keinen Zeitwert.
Ein teurer Designertisch gehört zu den wertbeständigen Gegenständen. Die Haftpflichtversicherung muss also bei der Berechnung der Leistung den Neuwert des Tisches zu Grunde legen und darf davon den Restwert des Tisches abziehen. Unter dem Strich wird dabei voraussichtlich der Betrag resultieren, der für eine Reparatur aufgewendet werden müsste.
Die Lebensdauertabellen sind nur im Mietrecht relevant
Die Argumentation der Versicherung, der Tisch sei wegen seines Alters bereits «voll amortisiert» ist hier falsch. Diese Argumentation ist nur im Mietrecht massgebend. Dort spielt die Lebensdauer einer beschädigten Sache eine Rolle, denn ein Mieter bezahlt mit seinem Mietzins für die Benutzung einer Sache und damit für eine normale Abnützung. Im Schadenfall soll er also nicht doppelt zur Kasse gebeten werdeBeim «Espresso»-Hörer aus Winterthur liegt der Fall anders. Hier kommen die im Mietrecht üblichen Lebensdauertabellen nicht zur Anwendung. Der Eigentümer des beschädigten Tisches sollte sich deshalb noch einmal mit den Eltern des Jungen in Verbindung setzen und darauf bestehen, dass der Fall neu beurteilt wird.