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Sonstiges Recht Darf mich der Wirt in einen Nebenraum abschieben?

Auf der Homepage wirbt ein Restaurant mit seinem «einzigartigen Ambiente». In dieser Umgebung wollte Willy Hänggi mit seiner Familie Heiligabend verbringen. Doch dem «Espresso»-Hörer wird ein Tisch in einem schmucklosen Raum zugeteilt. Darf ein Wirt seinen Gast einfach in einen Nebenraum abschieben?

Darauf hatte sich «Espresso»-Hörer Willy Hänggi aus Bern gefreut: Auf den Heiligabend, auf ein feines Essen im Kreis seiner Familie. Hänggi bucht einen Tisch in einem noblen Berner Restaurant samt Galamenü. Kostenpunkt: 166 Franken pro Person (ohne Getränke). Doch Hänggi wird bitter enttäuscht: «Uns wurde ein Tisch in einem Nebenraum zugewiesen, in einem schmucklosen, grell beleuchteten Raum».

Der «Espresso»-Hörer fühlt sich als Gast zweiter Klasse

Am liebsten wäre Willy Hänggi auf der Stelle wieder gegangen. Doch am Heiligabend an einem anderen Ort einen Tisch für vier Personen zu finden, ist fast aussichtslos.

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Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten .

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Mit Wehmut habe er von Zeit zu Zeit in die wunderbar dekorierte Gaststube geschielt, schildert Hänggi und möchte von «Espresso» wissen: «Darf man uns einfach in einen minderwertigen Nebenraum abschieben, wenn das Restaurant auf Fotos im Internet mit seinem speziellen Ambiente wirbt?»

Nein, eine solche Behandlung muss man sich als Gast nicht bieten lassen. Wirbt ein Wirt mit Fotos auf der Homepage mit einer erstklassigen Gaststube und muss er aus Platzgründen auf einen Nebenraum ausweichen, so muss er dies seinen Gästen spätestens bei der Buchung mitteilen. Und: Er dürfte auch nicht den gleichen Preis verlangen, wenn ein Nebenraum nicht den gleichen Komfort bietet wie die eigentliche Gaststube.

Wer unzufrieden ist, sollte an Ort und Stelle reklamieren

Vor diesem Hintergrund ist klar: Willy Hänggi kann eine Preisermässigung verlangen. Wie hoch diese ausfällt, ist leider nirgendwo geregelt. Unverbindliche Orientierungshilfen bei Mängeln gibt es lediglich bei Pauschalreisen. Wirft man einen Blick auf diese Tabelle, könnte Willy Hänggi eine Reduktion von mindestens fünf Prozent verlangen. Ein kluger Wirt wird aber nicht mit sich feilschen lassen, sondern einem Gast nach einer solchen Enttäuschung grosszügig entgegen kommen. Unzufriedene Gäste erzählen ihren Frust weiter. Das kann sich ein guter Wirt nicht leisten.

Wer wie Willy Hänggi im Restaurant mit dem Gebotenen nicht zufrieden ist, sollte immer sofort beim Wirt reklamieren und ihm die Möglichkeit geben, einen Mangel zu beheben. Wer seinen Ärger herunter schluckt und erst später reklamiert, vergibt sich diese Möglichkeit und damit das Recht auf einen Preisnachlass.

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