Anita Dängeli traute ihren Augen nicht, als sie den Brief der Deltavista in den Händen hielt. Neben einer halben Seite juristischem Kauderwelsch steht unter dem Titel «Mögliche Konsequenzen einer Löschung» schwarz auf weiss zu lesen: «Eine Folge davon kann sein, dass Kunden von Deltavista eine nicht mögliche Überprüfung als ungünstig hinsichtlich der Bonität interpretieren und deshalb auf das Erbringen der entsprechenden Dienstleistung (z.B. Lieferung per Post/Rechnung, Gewährung eines Kredites oder Verkauf eines Telefonabonnements) verzichten.»
Will heissen: Wer bei Deltavista nicht registriert sei, müsse damit rechnen, keine Ware gegen Rechnung, kein Handy-Abonnement oder keinen Kredit zu bekommen. Wer sich vor solchen Konsequenzen nicht fürchte, soll der Deltavista das Formular «Bestätigung Löschungsauftrag» ausgefüllt und unterschrieben zurückschicken.
Banken und Telekomfirmen verlassen sich auf eigene Daten
Anita Dängeli traute der Sache nicht und wendet sich an das Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF1. Tatsächlich zeigt eine genauere Überprüfung, dass die Behauptung der Deltavista völlig haltlos ist.
Banken müssen vor einer Kreditvergabe prüfen, ob sich der Kunde die Raten überhaupt leisten kann. Dazu fordern sie Lohnausweise ein und kontrollieren bei der Kreditinformationsstelle (KIS), ob der Kunde anderswo bereits Kreditverpflichtungen hat. Auskünfte von Inkassobüros werden bei Banken nicht eingeholt.
Auch andere Anbieter bestätigen «Espresso», dass sie Auskünfte von Inkassobüros höchstens ergänzend beiziehen. In keinem Fall würde es aber negativ beurteilt, wenn ein potentieller Kunde nirgendwo registriert sei.
Swisscom Konzernsprecherin Annina Merk schreibt: «Externe Auskünfte werden nur ergänzend beigezogen und haben (…) keinen direkten Einfluss zur Annahme oder Ablehnung. Dies gilt auch, wenn eine Person nicht gefunden wird in einer externen Bonitätsdatenbank».
Es scheint, als wolle Deltavista Betroffene bewusst einschüchtern und davon abhalten, ihr Recht auf Löschung persönlicher Daten einzufordern. Natürlich liege die Entscheidung beim Kunden, schreibt Deltavista, mit wem ein Vertrag eingegangen werde.
Deltavista hat keine Ahnung, wie ihre Kunden ticken
Ganz offenbar hat das Inkassounternehmen aber keine Ahnung, wie ihre Kunden Bonitätsauskünfte interpretieren: «Welchen Stellenwert das Nicht-Auffinden bei unseren Geschäftskunden eingeräumt wird, können wir nicht beurteilen. Sicherheitshalber informieren wir aber mittels unseres Schreibens trotzdem über eine solche Möglichkeit», schreibt Deltavista-Mediensprecher Peter Stämpfli.
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Deltavista weiss also nicht, ob Telekommunikations-Anbieter oder Onlineshops stutzig werden, wenn ein Kunde nirgendwo registriert ist. Das ist gut zu wissen.
Wer also nach einem Löschungsbegehren einen Brief von der Deltavista CRIF AG bekommt, muss sich keine Gedanken machen und seinen Löschungswunsch auch nicht mittels beigelegtem Formular bekräftigen.
Es reicht, der Deltavista per Mail mitzuteilen, man halte an der Löschung fest. Wird die Löschung trotzdem verweigert, können sich Betroffene wie Anita Dängeli beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten beschweren (Adresse siehe Linkbox).
Datenschnüffler: So werden Mieter ausspioniert
Wie Deltavista in der Privatsphäre von Mietern schnüffelt und die Daten an Hausverwalter und Immobilienfirmen verkauft, zeigte «Kassensturz» schon vor fünf Jahren. Doch die Daten waren teilweise falsch. Sie wurden bei einer Abfrage von der Deltavista-Datenbank oft fälschlicherweise mit einer auf gelb oder rot stehenden Ampel dargestellt.
Absurd: Selbst die damaligen Geschäftsleitungs-Mitglieder von Deltavista, Harald Huber, Finanz-Chef René Felder und Präsident Thomas Stämpfli erhielten alle eine gelb stehende Ampel. Begründung: Firmenbeziehungen mit negativen Daten. Darunter auch die Deltavista Holding.