Franz Michel (Name geändert) hat aufreibende Wochen hinter sich. Im Februar tritt der 44-Jährige Aussendienstmitarbeiter eine neue Stelle an. Sechs Wochen später wird Michel unerwartet schwer krank. Als der Arbeitgeber realisiert, dass sein Mitarbeiter nicht bereits in ein oder zwei Wochen wieder antreten kann, stellt er ihn kurzerhand auf die Strasse.
Kein Kündigungsschutz während der Probezeit
Rechtlich gesehen ist das möglich. Wer wie Franz Michel das Pech hat, in der Probezeit krank zu werden, geniesst keinen Kündigungsschutz.
Doch damit nicht genug. Franz Michel meldet sich bei der Krankentaggeldversicherung seines Arbeitgebers. Doch die winkt ab. Wochenlang wird der Mann vertröstet, hingehalten, abgewimmelt. Michel ruft an, schreibt Mails. Er müsse sich an seinen Arbeitgeber halten, heisst es. Oder: Der Arbeitgeber habe Unterlagen nicht eingereicht. Man könne deshalb den Fall nicht bearbeiten.
Versicherung entschuldigt sich für den Fehler
Erst als sich «Espresso» einschaltet, kommt Bewegung in die Aktenbeigen. Drei Monate muss Michel schliesslich warten, bis er seine Taggelder überwiesen bekommt. Er habe sich einschränken müssen, erzählt er, und ja, er habe Existenzängste ausgestanden.
Inzwischen hat sich die Krankentaggeldversicherung bei Franz Michel entschuldigt. Es seien Fehler passiert, was zu Verzögerungen geführt habe, schreibt die Innova.
Zukunfts- und Existenzängste quälen auch Gabriel Eisenring (Name geändert). Seit über einem Jahr leidet der 23-Jährige an Schmerzen in den Füssen. Seinen Beruf als Automechaniker kann er nicht mehr ausüben. Woran Gabriel Eisenring genau leidet, ist unklar. Seit Monaten rennt er von Arzt zu Arzt.
Drei Monate Frist für einen Berufswechsel
Doch jetzt kommen zu den Sorgen um seine Gesundheit noch Existenzängste. Gabriel Eisenring hat Post von seiner Krankentaggeldversicherung bekommen.
Anlaufstellen und Rechtsberatung
Es sei ihm zuzumuten, eine «leidensangepasste Tätigkeit als Büroangestellter» zu suchen. Für die Umorientierung will ihm die Helsana 3 Monate Zeit geben, dann werden die Taggelder eingestellt.
Wie sich ein Automechaniker mit einem Realschulabschluss in nur drei Monaten zum Büroangestellten umschulen soll, davon steht nichts im Brief der Helsana.
Gabriel Eisenring fühlt sich von seiner Versicherung im Stich gelassen. Er leide unter schlaflosen Nächten, erzählt er, wisse nicht weiter.
Erst nach einer Intervention von «Espresso» räumt die Versicherung Fehler ein: «Wir hätten auf eine intensivere medizinische Abklärung pochen müssen», heisst es heute.
Versicherungen pochen auf Schadenminderungspflicht
Tatsache ist: Eine Versicherung darf verlangen, dass ein Betroffener wie Gabriel Eisenring einen neuen Beruf ergreift, wenn er auf seinem angestammten Beruf nicht mehr arbeitsfähig ist. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von der so genannten Schadenminderungspflicht.
Doch dafür muss die Versicherung nachweisen, dass ein Berufswechsel zumutbar ist. Das Bundesgericht verlangt, dass die Versicherungen die Umstände des Einzelfalls genau und sorgfältig prüfen. Berücksichtigt werden muss in jedem Fall das Alter des Betroffenen, seine berufliche Erfahrung und die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Konkret: ob der betroffenen Patient mit seiner gesundheitlichen Einschränkung überhaupt eine realistische Chance hat, eine andere Arbeit zu finden.
Im Beispiel von Gabriel Eisenring ist fraglich, ob ein Wechsel aufs Büro in nur drei Monaten möglich ist. Zumal noch immer keine klare Diagnose vorliegt. Die Versicherung will dem nun Rechnung tragen und noch einmal über die Bücher gehen. Für Gabriel Eisenring eine grosse Erleichterung.