«Espresso»-Hörerin Patrizia Häfeli liess ihren Kaschmir-Mantel bei einem Schneider um einige Zentimeter kürzen.
Hätte die Kundin den Stoff verlangen müssen?
Als sie kurze Zeit später den Mantel abholte, fragte sie nach dem abgeschnittenen Stück Stoff. Er habe es nicht aufgehoben, antwortete der Schneider. Wenn sie den Stoff gewollt hätte, erklärte der Schneider, so hätte sie das bei der Auftragserteilung ausdrücklich verlangen müssen.
«Ist das wirklich so?», möchte die Hörerin nun vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen. Die Zweifel der Kundin sind berechtigt.
Änderungen sind rechtlich «Werkverträge»
Das Gesetz ist in diesem Fall glasklar: Nimmt ein Handwerker Material seines Kunden zur Verarbeitung entgegen, so muss er dieses Material mit Sorgfalt behandeln, über die Verwendung Rechenschaft ablegen und einen allfälligen Rest zurückgeben. Zu finden ist diese Regelung im Obligationenrecht und zwar bei den Bestimmungen zu den so genannten Werkverträgen, im Artikel 365.
Der Schneider muss Schadenersatz leisten
Selbstverständlich dürfen Auftragnehmer und Kunden vereinbaren, dass verbleibendes Material entsorgt werden soll. Ohne eine solche ausdrückliche Vereinbarung gilt aber das Gesetz: Resten gehören dem Kunden und sind diesem ohne Aufforderung zurückzugeben, ebenso wie Knöpfe, Reissverschlüsse oder Ziermaterial.
Für «Espresso»-Hörerin Patrizia Häfeli heisst das: Sie kann vom Schneider eine Entschädigung oder juristisch gesprochen Schadenersatz verlangen. Massgebend ist der aktuelle Wert des verschwundenen Stoffstückes.