Seit 30 Jahren steht Werner Kast (51) nachts um 01.00 Uhr auf und zündet in seiner Bäckerei in Reute (AR) das dürre Tannenholz an, das schon im Holzofen liegt. Einige Stunden später wird er die ersten hundert Holzofenpfünderli mit einer Holzkelle herausnehmen, für die die Kunden von weither anreisen.
Der Ofen – das Herz
Rund 70 Jahre alt ist der grosse, weissgekachelte Holzofen, um den sich Backstube, Wohnküche und Büro reihen. «Ohne ihn gäbe es uns hier nicht», sagt Kast bestimmt. Und erinnert sich lachend, wie er ihn einst herausreissen lassen wollte. Doch der Ofenbauer weigerte sich und bat ihn, es mit ihm zu versuchen: «Heute würde ich ihn nicht mehr hergeben.»
Nebenan bäckt Werner Kast seine zahlreichen Spezialbrote im herkömmlichen Elektro-Ofen. Der Aufwand ist ungleich kleiner. Per Knopfdruck wird die gewünschte Wärme erzielt, bei Bedarf kann kurz nachgebacken werden. Das alles geht im Holzofen nicht, da braucht es einen geübten Blick und viel Erfahrung.
Das Feuer brennt
120 Ster Holz aus der Umgebung verbrennt Kast («Die Feuerwehr wurde auch schon gerufen, weil Leute dachten, es brenne»). Doch anders als Berufskollegen in besiedelteren Regionen reklamierte bei ihm noch nie ein Nachbar wegen dem beissenden Rauch.
Die Glut muss gekehrt und später von der Backfläche weggeschabt werden. Dann taucht Kast einen Lumpen in einen Kübel Wasser und putzt die letzten Aschenkrümel weg. (Fachsprache: «Fluddern»).
Der Teig sei eigentlich noch wichtiger als der Ofen. Ohne perfekten Teig nütze der beste Ofen nichts. Nach einer Stunde ist es soweit: Goldbraune St.Galler-Einpfünder warten auf ihre Fans: Gourmetküchen, Bioläden, Anwohner. Werbung braucht Kast längst nicht mehr: Sein Holzofenbrot geht weg wie warme Weggli.