Ein «Espresso»-Hörer aus dem Kanton Obwalden geht gerne ins Restaurant. Dabei stellt er sich immer wieder die Frage: «Weshalb hat das Service-Personal teilweise eine Hand hinter dem Rücken?» Vom SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» möchte er wissen, ob das überhaupt noch modern und «Knigge» sei.
Die Angst, vergiftet zu werden
Wer die Frage im Internet eingibt, stösst unweigerlich auf einen Text, der so oder ähnlich zigfach im Netz herumgeistert: «Schon im alten Ägypten», heisst es dort, «hielten die Diener die linke Hand hinter dem Rücken.» Man habe so sicherstellen wollen, dass die Diener «ihren Herren nichts Böses antun, sie weder vergiften, noch erstechen konnten».
Auch im antiken Rom habe man aus demselben Grund den bedienenden Sklaven die linke Hand auf den Rücken gebunden. Die Angst, vergiftet zu werden, habe sich bis zur Ritterzeit gehalten.
Zweifel der Experten
Auf Anfrage kommt von der Hotelfachschule Luzern genau dieser Text zurück. Eine Quelle dafür kann die Gastro-Ausbildungsstätte jedoch nicht liefern. Der deutsche Gastro-Kenner und Kulturwissenschaftler Christoph Ribbat hält die Aussagen des Textes für «halbwegs solide». Für ihn seien die Kellner des modernen Restaurants aber eher verwandt mit den Dienern und Butlern des 19. Jahrhunderts.
Auch Lukas Gasser vom Branchenverband Hotelleriesuisse zweifelt: «Das sind für mich Ammenmärchen.» Er sieht den Ursprung in der Zeit als «der soziale Unterschied zwischen Bediensteten und Landherren sehr gross war». Damals habe das Service-Personal keinerlei Interaktion mit den Gästen haben dürfen. Und dazu habe eben auch gehört, den Gast auf keinen Fall zu berühren.
Pflicht beim Staatsbankett
Wirklich modern ist die Hand hinter dem Rücken, die Bestandteil der sogenannten Service-Regel von «Ordnung und Distanz» ist, heute nicht mehr. Sie werde aber weiterhin gelehrt, sagt Zita Langenstein. Sie ist beim Gastronomie-Verband Gastrosuisse für die Ausbildungen verantwortlich. «An Staatsbanketten ist sie weiterhin Pflicht.» Und auch bei Flight Attendants sehe man das noch. In modernen Betrieben werde die Hand hinter dem Rücken aber kaum noch praktiziert – wobei auch hier die Berührung des Gastes vermieden werden sollte, so die Expertin.