Das Schweizer Lebensmittelrecht regelt, wie Grossverteiler oder Gastrobetriebe ihre Produkte anpreisen dürfen. Einen weit verbreiteten Begriff sucht man jedoch vergebens in dem Regelwerk: «Hausgemacht» wird nicht definiert, obwohl Supermärkte und Restaurants ihre Produkte und Speisen gerne damit anpreisen.
Bei der Beurteilung, ob die Anpreisung gerechtfertigt ist oder nicht, kommt laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen das sogenannte Täuschungsverbot zum Zug. Es besagt, das Angaben auf Produkten den Tatsachen entsprechen müssen.
«Wertgebender Schritt» ist entscheidend
«Espresso Aha!» wollte von verschiedenen Detailhändlern wissen, was sie unter dem Begriff verstehen. Coop hat sich dazu mit dem Kantonslabor Basel-Stadt abgesprochen. «Mit den Behörden wurde abgestimmt, dass wichtige Arbeitsschritte vor Ort, also an der Produktionsstätte durchgeführt werden müssen», sagt Coop-Sprecher Urs Meier. Erlaubt sei der Zukauf von Rohwaren und auch von teilweise vorbereiten Halbfabrikaten, etwa Tomatensauce für eine Pizza.
Wenn Sie in einer Coop-Filiale beispielsweise ein Sandwich kaufen, das mit ‹hausgemacht› angeschrieben ist, dann wurde dessen Brot in der Filiale gebacken, geschnitten, mit Butter bestrichen und belegt.» Die Abmachung gilt für die eigenen Produkte von Coop. Bei Markenartikeln ist der jeweilige Hersteller für die korrekte Kennzeichnung verantwortlich.
Der Basler Kantonschemiker Philipp Hübner bestätigt die Absprache mit Coop. Bei «hausgemachten» Produkten sei es wichtig, dass der wertgebende Schritt der Herstellung im Haus stattfinde: «Das reine Aufschneiden von Wurstwaren würde nicht als ‹hausgemacht› akzeptiert. Es müsste ein wesentlicher Schritt der Wurstherstellung vor Ort passieren.»
Kochen, Garen, Räuchern vor Ort
Auch Manor und Globus verkaufen in ihren Supermärkten zahlreiche «hausgemachte» Produkte. Manor bezeichnet den Begriff gar als «Eigenlabel für täglich vor Ort produzierte Artikel». So gekennzeichnete Produkte würden in ihrer ursprünglichen Form verändert, sagt Sprecherin Elle Steinbrecher, zum Beispiel durch Kochen, Garen, Räuchern, Pökeln, Backen etc.
Globus verweist auf grössere und kleinere Lebensmittelproduktionen in den einzelnen Filialen. «Wenn ein Produkt also als ‹hausgemacht› bezeichnet wird, ist es tatsächlich im Haus, vor Ort gemacht. Beispiele sind Salate im Offenverkauf oder saisonale Convenience-Gerichte.» Die gleiche Regel gilt bei Migros. Sprecherin Monika Weibel erklärt: «Produkte dürfen nur so ausgelobt werden, wenn sie auf der Verkaufsfläche hergestellt werden.»
«Hausgemacht» im Restaurant
Auch Restaurant-Gäste schätzen hausgemachte Kost. Und wie im Detailhandel müssen sich auch Gastrobetriebe an korrekte Kennzeichnung ihrer Speisen halten. Beim Hotellerie- und Restaurationsverband Gastrosuisse laufen derzeit mehrere Projekte, mit welchen Betriebe dazu animiert werden sollen, ihre Menus von A-Z vor Ort herzustellen.
Am weitesten fortgeschritten ist das Projekt «Fatto in casa» von Gastroticino. Im Mai 2016 lanciert, machen unterdessen rund 50 Betriebe mit. Ihre Menus müssen zu 90 Prozent vor Ort hergestellt sein. Laut dem Verband wird dies durch jährliche Kontrollen überprüft.