Im Schnitt konsumiert eine in der Schweiz wohnhafte Person rund 160 Liter Trinkwasser pro Tag. An heissen Sommertagen mit hohem Dusch- und Trinkbedarf kann die Nachfrage auch höher liegen. Das Wasser stammt zu einem grossen Teil aus Quellen oder wird dem Grundwasser entnommen.
Städte wie St.Gallen, Genf und Zürich produzieren aber auch aus Seewasser Trinkwasser. Die Wasserversorgung der Stadt Zürich setzt sogar zu 80 % auf Wasser aus dem Zürichsee.
Forellen, Schnell- und Langsamfilter
In Zürich Wollishofen wurde bereits vor über 100 Jahren das Seewasserwerk «Moos» gebaut. Das Seewasser wird hier auch heute noch nach dem gleichen Verfahren aufbereitet. Es stammt aus 30 Meter Tiefe aus dem Zürichsee und gelangt über Leitungen in das Werk.
Dort kontrollieren Forellen die Qualität des «Rohmaterials». Eine Kamera filmt permanent die Bewegungen der Fische, erklärt Hans Gonella auf der Betriebsbesichtigung für «Espresso»: «Wenn sich die Fische nicht mehr bewegen, stellt das Wasserwerk die Trinkwasserproduktion umgehend ein.» Dazu sei es aber noch nie gekommen, seit vor knapp 50 Jahren diese biologische Qualitätskontrolle eingeführt wurde.
Das Seewasser wird auf der Anlage anschliessend mehrfach gefiltert und ozoniert. Ozon tötet Keime, Mikroorganismen und Bakterien. «Auch Spuren von Kokain- und Pestizidrückständen können mit Ozon eliminiert werden», betont Gonella.
Wundermittel «Ozon»
Das aggressive Gas wird direkt auf der Anlage hergestellt. Nachdem es seinem «Dienst» geleistet hat, muss es unbedingt wieder aus dem Wasser entfernt werden. Diese Aufgabe übernimmt der Aktivkohlefilter, er baut Ozon wieder zu Sauerstoff ab.
Der Aktivkohlefilter kann noch mehr: «Er entfernt auch Farbstoffe und Geruchstoffe», erklärt Gonella. Zuletzt fliesst das Wasser noch durch den Langsamfilter, das ist eine dicke Schicht aus Sand und Kies. Wasserreinigende Bakterien bauen organische Substanzen ab.
Gewollt «nährstoffarm»
Nach ca. 8 Stunden ist das ehemalige Seewasser bereit für die mehreren hunderttausend Wasserkunden der Stadt Zürich. Über ein 1600 kilometerlanges Netz wird es über Reservoirs in die Haushalte gepumpt.
Das Trinkwasser hat bei der Aufbereitung viele Nährstoffe verloren. Das müsse so sein, Nährstoffe seien ein gefundenes Fressen für unerwünschte Bakterien wie Coli oder Typhus, warnt Hans Gonella von der Wasserversorgung der Stadt Zürich: «Eine explosionsartige Vermehrung solcher Bakterien wollen wir auf jeden Fall verhindern.»
Das nährstoffarme Trinkwasser hat einen weiteren Vorteil: es ist auch ohne die Beigabe von Chlor lange haltbar.