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Wie umweltfreundlich ist IP-Suisse?
Aus Espresso vom 13.06.2022. Bild: IMAGO
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«Schlauer i d’Wuche» Wofür steht eigentlich IP-Suisse?

Das Label mit dem Marienkäfer-Gütesiegel macht viel von sich reden. Eine Standortbestimmung.

Man sieht den Marienkäfer an so manchem Bauernhof und auf so manch einer Verpackung: Der Käfer ist das Gütesiegel des Labels IP-Suisse. Ende der 80er-Jahre wurde dieses gegründet – bzw. die «Schweizerische Vereinigung integriert produzierender Bauern und Bäuerinnen». Heute produzieren rund 10'000 Betriebe in irgendeiner Form IP-Suisse-Lebensmittel – sie tun dies «umweltschonend und tiergerecht», sagt IP-Suisse. Die Organisation hat kein geringeres Ziel als zum «umfassend nachhaltigsten Label im Schweizer Lebensmittelmarkt» zu werden.

«Nicht ausreichend»

Dass es bis dahin noch ein weiter Weg sein dürfte, zeigen die Antworten von Tierschutz- und Umweltorganisationen: Das Label bekommt zwar kein schlechtes Zeugnis – im Gegenteil: Es sei «viel besser» als die konventionelle Produktion, heisst es etwa von Greenpeace. So werde beispielsweise darauf geachtet, dass Soja für Futtermittel aus nachhaltiger Produktion stamme. Allerdings sei es schwierig, sicherzustellen, dass das importierte Futtermittel (z.B. aus Brasilien) wirklich nachhaltig produziert werde. Greenpeace meint daher, IP-Suisse sei ein Schritt in die richtige Richtung – und viele Landwirte bei IP-Suisse bemühten sich, ökologischer zu wirtschaften. Es sei «aber bei weitem nicht ausreichend angesichts der Klima- und Biodiversitätskrise, in der wir stecken».

Auch die Tierschutzorganisation Vier Pfoten attestiert IP-Suisse «in einigen Bereichen tierfreundlicher» zu sein als die konventionelle Haltung. So werde etwa für die meisten Tierarten Auslauf oder sogar Weidezugang gefordert. Die Organisation empfiehlt jedoch Label mit einem noch höheren Standard. Und generell empfiehlt Vier Pfoten, den Konsum tierischer Produkte zu reduzieren und diese durch pflanzliche Alternativen zu ersetzen.

Schweizer Tierschutz: «Anständige Tierhaltung»

Der Schweizer Tierschutz sieht bei IP-Suisse insbesondere beim Geflügel noch Potential: «Dort gibt es für IP-Suisse sicher noch einiges zu tun», sagt der Leiter des Kontrollzentrums Nutztiere, Cesare Sciarra. Insgesamt gibt es von ihm aber durchaus gute Noten für IP-Suisse: «Tiere werden grundsätzlich in Gruppen und nicht einzeln gehalten, es gibt eine eingestreute Liegefläche und die Tiere können regelmässig an die frische Luft. Die Richtlinien gehen also über das gesetzliche Minimum hinaus, auch was den Platz der Tiere betrifft.»

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IP-Suisse sei sicher nicht das Paradies für die Tiere, sagt Cesare Sciarra: «Aber es ermöglicht ihnen zumindest all ihre Verhaltensmerkmale» und es sei insofern eine gute Grundlage für eine anständige Tierhaltung. Bei Tierschutz-Aspekten seien IP-Suisse und Bio-Suisse gar nicht so weit voneinander entfernt. 

IP-Suisse: «Wir wollen stetig besser werden»

Dass es für den Marienkäfer keine Bestnoten gibt, überrascht Fritz Rothen nicht. Der Geschäftsführer von IP-Suisse sieht das Label derzeit als «Zwischending» zwischen konventioneller und biologischer Landwirtschaft. Ziel sei aber, stetig besser zu werden: «Als wir mit IP-Suisse angefangen haben, hatten noch nicht alle Tiere Auslauf. Heute haben sie das und die Tiere haben auch mehr Platz.»

Rothen ist überzeugt, dank kleiner Etappenziele mehr Betriebe ins Boot holen zu können: «Damit erreichen wir mehr.» Insofern sei das ehrgeizige Ziel, zum «umfassend nachhaltigsten Label» zu werden, eher eine Vision. In der Tat gebe es noch sehr viel zu tun. Gerade bei der Biodiversität. «Unser Anspruch ist, uns immer wieder in diese Richtung zu bewegen.»

Espresso, 13.06.22, 08:13 Uhr

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