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«Kassensturz-Test» Kindervelos: Je leichter, desto teurer

Von acht 20-Zoll-Kindervelos erreichen im Test «drei» gute Noten, zwei sind «ungenügend».

«Guter Rad ist teuer». Das Bonmot von Radlegende Eddie Merckx trifft auch auf Kindervelos zu: Die teuersten schneiden am besten ab. Im Test von «Kassensturz», «Velojournal» und «K-Tipp» erreichen drei von acht Velos die Gesamtwertung «Gut».

Bewertet wurden vielverkaufte Velos von Fachhandel und Grossverteilern der Radgrösse 20 Zoll, also für Kinder von etwa sechs bis neun Jahre. Das günstigste Modell kostet 160, das teuerste 749 Franken.

Testtabelle

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Hier geht's zu den detaillierten Testresultaten.

Naloo und Flizzi teilen sich Siegerpodest

«Kassensturz», «Velojournal» und «K-Tipp» führten einen Praxistest und einen separaten Bremstest durch. Zusätzlich wurden Ausstattung und Ergonomie bewertet. Ein letztes Kriterium war das Gewicht.

So wurde getestet

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«Kassensturz», «Velojournal» und «K-Tipp» führten einen Praxistest und einen separaten Bremstest durch. Zusätzlich wurden Ausstattung und Ergonomie bewertet. Ein letztes Kriterium war das Gewicht.

  • Praxistest: Sechs Kinder fuhren alle Velos mehrmals in einem Testparcours. Mit der Hilfe einer Begleitperson benoteten sie verschiedene Kriterien wie Lenkung, Schaltung, Bremsen, Fahren über Hindernisse und Komfort der Velos. Alle Kinder fahren auch im Alltag Velo.
  • Bremstest: Wie lang der Bremsweg ist, wurde in einem standardisierten Test mit einem erfahrenen 11-jährigen Junioren-Bike-Rennfahrer ermittelt. Aus je sechs Bremsungen wurde der Mittelwert ermittelt.
  • Komponenten: Zwei erfahrene Velomechaniker, Mechanikermeister und Berufsschullehrer Michael Müller sowie Testleiter Marius Graber bewerteten die Qualität der Velo-Komponenten.
  • Ergonomie: In der Werkstatt vermassen sie die acht Velos und bewerteten deren Ergonomie.
  • Ungewöhnlich, hier aber nötig: Auch das Gewicht wurde bewertet. Denn das Gewicht ist für den Fahrkomfort und die Handhabung entscheidend und beim Kauf durch Erwachsene nicht so einfach als Vor- oder Nachteil erkennbar.

Für die bessere Vergleichbarkeit wurden die Velos ohne Schutzbleche, Gepäckträger und Licht gekauft.

Mit Gesamtnote 5,2 teilen sich zwei Modelle den Testsieg: Naloo Chameleon und Flizzi 20 Zoll mit Kette. Beide kosteten im Fachhandel je 499 Franken. Nur ganz knapp dahinter liegt Early Rider Seeker (Note 5,1) für stolze 749 Franken.

Zwei günstigere Modelle schnitten mit Note 3,9 knapp «ungenügend» ab: California Memphis von Jumbo für 339 Franken) und Crosswave Speedy von SportXX für 199 Franken (siehe Stellungnahmen).

Enorme Unterschiede beim Gewicht!

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Auch für das Gewicht gab es eine Note: Denn für die Eltern ist es beim Kauf kaum abschätzbar, wie problematisch ein schweres Velo für das Kind sein kann. Rechnet man das Gewicht von Kind und Velo auf einen Erwachsenen hoch, entsprechen die 12,6 Kilo des schwersten Velos dem Gewicht eines Erwachsenenvelos von 140 Kilo.

Das schwerste Velo wiegt fast die Hälfte mehr als das leichteste (12,3 gegenüber 8,5 Kilo). Die Nachteile eines hohen Gewichts zeigten sich im Praxistest mit Schülerinnen und Schülern des Schulhauses Tellenmatt in Stans deutlich. Nicht nur beim Tragen über Hindernisse: «Wir haben auch beim Fahren gesehen: Die leichteren Velos sind für die Kinder einfach besser im Handling. Das bietet mehr Freude – und auch mehr Sicherheit», sagt Testleiter Marius Graber vom «Velojournal».

Stellungnahmen

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  • Migros zur SportXX-Eigenmarke Crosswave

Wir können verstehen, dass das Gewicht eine wichtige Rolle spielt bei der Wahl eines Kindervelos. Aber auch das sichere Fahrgefühl ist für das Kind ist wichtig. Dort hat unser Produkt gut abgeschnitten. Die weiteren Punkte nehmen wir zur Kenntnis und leiten die entsprechenden Massnahmen in die Wege, um uns dort zu verbessern.

  • Jumbo zur Eigenmarke California

Eine spezifische Aussage zum Ergebnis scheint uns zum heutigen Zeitpunkt schwierig. Wir erkennen keine deutlichen Mängel. Auf jeden Fall werden wir das bisher sehr gut verkaufte Kindervelo von einem spezialisierten Prüfinstitut testen lassen. Ihr Bericht wird dabei berücksichtigt. Allfällige Massnahmen werden wir nach Erhalt des Prüfberichts bestimmen.

  • Decathlon zur Eigenmarke Rockrider

Wir haben die Angaben überprüft und alles scheint in Ordnung zu sein. Zu erwähnen wäre noch die Garantie auf Lebenszeit.

  • Scott

Wir hätten uns natürlich eine bessere Beurteilung gewünscht, aber wir akzeptieren und respektieren selbstverständlich Ihr Urteil. Die Problematik der Tretlagerhöhe ist uns bekannt. Aus diesem Grund haben wir zusätzlich das neue Scale 20 rigid mit einer Tretlagerhöhe von 237 mm ins Sortiment aufgenommen. Dadurch decken wir zudem verschiedene Preiskategorien auf dem Markt ab.

Zu hohe Tretlager: Kinderfüsse kommen nicht auf den Boden

Bei der Beurteilung der Komponenten zeigte sich, dass bei Radlagern, Rädern, Pneus, Schaltung und Bremsen die Qualitätsunterschiede gross sind. Dies macht sich in der Regel nach ein, zwei Jahren Gebrauch bemerkbar, wenn das Velo ans nächste Kind weitergereicht wird.

Bezüglich Ergonomie liegt bei den vier Modellen California, Leopard, Rockrider und Scott das Tretlager viel zu hoch. Das ist ein echtes Problem: «Ist der Sattel auf die richtige Grösse eingestellt, kommen die Kinder mit den Füssen nicht mehr auf den Boden», so Marius Graber. Oder umgekehrt: Damit die Kinder stehen können, muss der Sattel zum Fahren zu tief eingestellt werden.

Bremstest: Scheibenbremsen nicht automatisch besser

Sechs Velos sind mit V-Brakes (Felgenbremsen) ausgerüstet, zwei mit mechanischen Scheibenbremsen. Wie gut die Velos bremsen, wurde in einem standardisierten Test mit einem erfahrenen Junioren-Bike-Rennfahrer ermittelt. Erstaunlich: Das schlechteste Modell hat einen fast doppelt so langen Bremsweg wie das beste.

Dabei spielt nicht nur die Bremse eine Rolle, sondern auch die Pneus. «Interessant ist auch, dass Scheibenbremsen per se nicht besser sind. Die eine war eine sehr gute Scheibenbremse, die zweite hatte schlechtere Bremswerte als manche Felgenbremse», so Graber.

Fazit: Geringes Gewicht und Langlebigkeit kosten

Im Test zeigt sich deutlich: Die guten Velos sind gleichzeitig auch die leichten – aber auch die teuren. Dazu der «Velojournal»-Experte: «Mit einem höheren Preis kauft man das leichte Gewicht, aber auch die gute Qualität. Das hat den Vorteil, dass ein Kindervelo von mehreren Kindergenerationen genutzt werden kann.» Und dass man es zu einem guten Preis weiterverkaufen kann, wenn das eigenen Kind nicht mehr damit fährt.

Kassensturz, 31.03.2020, 21.05 Uhr

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