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Test Mobilfunkangebote Fragwürdige Countdowns bei Handyabos

Trotz abgelaufener Countdowns bleiben Mobilfunk-Aktionen verfügbar. Das ist möglicherweise irreführend, sagt das Seco.

Mobilfunkanbieter buhlen mit grosszügigen Aktionen um die Kundschaft. Rabatte von 50 Prozent und mehr sind keine Seltenheit. Um Kunden und Kundinnen zum schnellen Vertragsabschluss zu bewegen, finden sich auf den Webseiten der Anbieter häufig sogenannte Countdowns.

Diese erwecken den Eindruck, dass die Aktionsangebote nur noch kurze Zeit verfügbar sind. Doch das ist oft nicht so, wie die Recherche von «Kassensturz» zeigt. Beispielsweise auf der Website von Yallo: Als der Countdown bei Null ankommt, erscheint sofort ein neuer Countdown. Das Angebot mit Rabatt kann weiterhin bestellt werden. Und nach weniger als einer Minute zeigt der Countdown wieder «2 Tage, 23 Stunden, 59 Minuten». Yallo nennt das eine «Aussergewöhnliche Verlängerung». Doch «Kassensturz» beobachtet innert drei Wochen vier Countdown-Verlängerungen bei der Sunrise-Marke.

«Kassensturz» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Countdown-Verlängerungen: Kein Einzelfall

Auch bei Salt, ‘Das Abo’ und Lebara findet «Kassensturz» mehrmals fragwürdige Countdown-Verlängerungen auf der Website. Und Lidl Connect versieht die gleiche Aktion ganze sechsmal innert eines Monats mit einem neuen Countdown. Statt wie zunächst angegeben nur noch einen Tag, gibt es die Aktion nach über drei Wochen immer noch. Für Konsumentinnen und Konsumenten besteht also kein Grund zur Eile, wie der Countdown anzeigt.

Seco: «In unseren Augen werden die Abnehmer getäuscht»

Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sieht die Praxis, dass Angebote nach Ablauf der Countdowns trotzdem verfügbar bleiben und Countdowns verlängert werden, kritisch: «Wenn man Zeitvorgaben macht, sollte man sich daran halten, sonst werden bei den Abnehmern falsche Erwartungen geweckt», erklärt Philippe Barman vom Seco. «In unseren Augen werden die Abnehmer getäuscht und es liegt eine Irreführung im Sinne des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb vor». Letztlich müsse aber ein Gericht beurteilen, ob das Gesetz tatsächlich verletzt sei.

So können Sie unlautere Geschäftspraktiken beim Seco melden:

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Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco wird gegen unlautere Geschäftspraktiken aktiv, wenn es mehrere Beschwerden von betroffenen Konsumentinnen und Konsumenten erhält. Beschwerden nimmt das Seco per E-Mail und per Briefpost entgegen: Das Formular sowie weitere Informationen finden Sie auf der Website des Seco .

Die Anbieter sagen zu den Countdown-Verlängerungen gegenüber «Kassensturz»: Sunrise erachtet es «nicht als unlauter oder irreführend, befristete Angebote zu verlängern». Lidl Connect teilt mit: «Wir schaffen mit unserer Kommunikation einen Mehrwert für unsere Kunden durch die Transparenz bezüglich der Mindestverfügbarkeitsdauer, deshalb sehen wir hier keine UWG-Relevanz».

Salt verspricht, ihren Umgang mit Countdowns zu ändern: «Um Missverständnissen vorzubeugen, verzichten wir bei ‘Das Abo’ seit Kurzem auf Countdowns und bei Salt haben wir die Praxis angepasst.»

Vollständige Stellungnahmen von Sunrise, Lidl Connect und Salt

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Sunrise (Marken Yallo und Lebara)

«Kassensturz»: Ist es richtig, dass bei Yallo und Lebara Countdowns nach Ablauf der alten Fristen erneut zu laufen beginnen?

Sunrise:» Nein, Countdown-Angebote werden in der Regel nicht verlängert. Bei einzelnen, besonders erfolgreichen Promotionen wurden diese ausnahmsweise – auch aufgrund von Kundenfeedbacks/der sehr hohen Nachfrage – über das ursprüngliche Ablaufdatum hinaus für kurze Zeit verlängert, damit mehr Kundinnen und Kunden profitieren konnten (wie beim genannten Beispiel der yallo Oster-Promotion).»

«Kassensturz»: Was sagen Sie zur Tatsache, dass durch Ihre falschen Countdowns Konsumentinnen und Konsumenten unrichtigerweise unter Druck gesetzt werden?

Sunrise: «Es handelt sich nicht um falsche Countdowns. In einzelnen Ausnahmefällen verlängern wir ein befristetes Angebot um eine weitere kurze Zeit. Uns liegen keine Reklamationen dazu vor.»

«Kassensturz»: Was sagen Sie dazu, dass Sie mit Ihrer Praxis mutmasslich das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verletzen?

Sunrise: «Wir erachten es nicht als unlauter oder irreführend, befristete Angebote zu verlängern. Das geschieht nicht systematisch, verlängerte Countdowns sind Einzelfall-Ausnahmen und wir weisen darauf hin.»

«Kassensturz»: Werden Sie in Zukunft von dieser intransparenten Praxis absehen?

Sunrise: «Wie für viele Unternehmen verschiedener Branchen sind „Countdown“-Angebote auch für Sunrise und ihre Zweitmarken ein wichtiges Verkaufs-Instrument. Wir halten mit unseren Angeboten selbstverständlich alle Vorschriften ein.»

Lidl Connect schreibt zu den Fragen von «Kassensturz»:

«Der Mobilfunkmarkt ist enorm dynamisch und Abo-Preise können sich fast im Tagesrhythmus ändern. Mit Lidl Connect haben wir Dynamik in den Markt gebracht, wodurch unsere Kunden von attraktiven Angeboten profitieren können. Zur Verdeutlichung und aus Transparenzgründen wie lange ein Angebot mindestens gilt verwenden wir Countdowns. Dem Kunden ist es so möglich klar einzuschätzen, wie lange er mindestens von einem Promotionsangebot profitieren kann. Basierend auf der Erfahrung aus der Promotionsperiode und entsprechend der Marktdynamik entscheiden wir, ob eine Promotion verlängert wird, oder nicht.

Wir schaffen mit unserer Kommunikation einen Mehrwert für unsere Kunden durch die Transparenz bzgl. der Mindestverfügbarkeitsdauer, deshalb sehen wir hier keine UWG-Relevanz.

Wir haben diesbezüglich keine negativen Kundenfeedbacks. Unsere Angebote erfreuen sich einer grossen Beliebtheit. Ihren Hinweis nehmen wir dennoch gerne zum Anlass diese Thematik intern zu besprechen und zu überprüfen.»

Salt schreibt zu den Fragen von «Kassensturz»:

«Befristete Rabattaktionen sind in der Branche weit verbreitet. Wir werden diese auch künftig einsetzen.

Da wir in der Vergangenheit immer wieder Rückmeldungen von enttäuschten Kundinnen und Kunden erhielten, die eine Aktion verpasst hatten, haben wir die Countdowns eingeführt.

Um Missverständnissen vorzubeugen, verzichten wir bei Das Abo seit Kurzem auf Countdowns und bei Salt haben wir die Praxis angepasst.

Konkret werden wir bei Angeboten von Salt weiterhin mit Countdowns arbeiten, damit die Kundinnen und Kunden wissen, wie lange ein entsprechendes Angebot sicher verfügbar ist. Dabei kann es sein, dass der im Rahmen einer befristeten Aktion angebotene Preisplan nach Ablauf des Countdowns mit verfügbar ist, aber mit anderen Konditionen, bspw. einer kürzeren oder längeren Vertragsdauer.

Bei all diesen Aktionen profitieren Kundinnen und Kunden von sehr attraktiven Rabatten, die wir ihnen zum Teil lebenslang garantieren. Dabei informieren wir transparent über die Konditionen, damit sich die Konsumentinnen und Konsumenten ein umfassendes Bild machen und unter Einbezug aller notwendigen Informationen für einen Anbieter und das entsprechende Produkt entscheiden können.»

«Kassensturz» vergleicht Handytarife

Doch mit welchen Angeboten telefoniert und surft man wirklich am günstigsten? «Kassensturz» erstellt zusammen mit dem Online-Vergleichsdienst Dschungelkompass einen Marktüberblick und vergleicht die Kosten für drei Nutzungsprofile.

Ins Rennen gehen die günstigsten passenden Angebote von 21 Mobilfunkmarken, welche zwischen Januar und April 2023 verfügbar waren – Standardpreise und Aktionen.

Tabelle

So wurde verglichen

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Im Vergleich sind Abos und Prepaid-Angebote zum Standardpreis oder zu einem Aktionspreis, der zwischen Januar und April 2023 verfügbar war.

Profil 1: Wenig Nutzung: 16 x 2,5 Minuten Telefonie, 30 SMS, 1 GB Daten

Profil 2: Intensive Nutzung: Flatrate Schweiz, unbegrenzt für den privaten Gebrauch

Profil 3: Intensive Nutzung plus Auslandreisen: Flatrate Schweiz, unbegrenzt für den privaten Gebrauch; Zusätzlich 3 x 1 Woche Reise nach Westeuropa (Verbrauch im Ausland pro Reise: 6 x 2,5 Min ausgehender Anruf ins Aufenthaltsland, 10 x 2,5 Min ausgehender Anruf auf Schweizer Nummer, 4 x 2,5 Min eingehender Anruf aus der Schweiz, 1 GB Daten)

Allgemeine Bedingungen:

  • Mindestgeschwindigkeit Internet: 10 Mbit/s (für die gesamte Datenmenge)
  • Verteilung der Anrufe: 20% Festnetz, 40% Swisscom Mobile, 20% Salt, 20% Sunrise
  • keine Jugend-Angebote

Es zeigt sich: Unbegrenzt surfen und telefonieren kann man für unter zwanzig Franken im Monat: mit den Angeboten von Galaxus mobile, Lidl Connect, Swype, Digital Republic und Aldi Mobile.

Damit sind die Preise seit 2017 um mehr als die Hälfte gesunken. Für Kundinnen und Kunden kann sich Vergleichen und Wechseln also lohnen.

Kassensturz, 16.05.23, 21:05 Uhr

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