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Sonstiges Recht Warum muss die Frau im Altersheim Billag bezahlen?

Die Billag betreibt eine ältere Dame wegen zwei offenen Rechnungen. Dies, obschon die Frau seit kurzem im Altersheim lebt und erst noch Ergänzungsleistungen bezieht. «Espresso» sagt, wie früh ein Gesuch um Gebührenbefreiung gestellt werden muss.

Wer Radio-, Fernsehgeräte besitzt, muss Empfangsgebühren zahlen. Das Gleich gilt für Besitzer von Computeren, mit dem Programme empfangen werden können. Massgebend ist der Besitz eines solchen Gerätes. Ob man die Programme nutzt, ist nicht entscheidend. So steht es im Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG).

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Von dieser Pflicht sind Menschen befreit, wenn sie zu ihren Alters- oder Invalidenrenten Ergänzungsleistungen beziehen. Auch das steht so im Gesetz.

Die Billag betreibt die Dame im Altersheim

Eine Bekannte einer «Espresso»-Hörerin aus Zürich erfüllt diese Voraussetzungen. Die Frau lebt seit zwei Jahren in einem Alterszentrum und bezieht seit Juli 2014 Ergänzungsleistungen.

«Trotzdem besteht die Billag darauf, dass sie die Rechnungen für die Monate Juli und August 2014 bezahlt», schreibt die Hörerin. Das versteht sie nicht. Noch weniger, dass die Billag die Dame jetzt sogar betrieben hat.«Wie kann ich ihr helfen?», möchte die Hörerin vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen.

Die Betreibung bringt ausser Kosten gar nichts

Dass die Billag die Dame wegen der beiden offenen Gebührenmonate betrieben hat, ist tatsächlich schwer nachvollziehbar. Würde die Dame Rechtsvorschlag erheben, könnte zwar die Billag diesen Rechtsvorschlag ohne gerichtliches Verfahren selber beseitigen und danach die Betreibung fortsetzen. Doch das würde ihr wenig nützen.

Wer Ergänzungsleistungen bezieht, hat weder pfändbares Einkommen noch Vermögen. Einfach ausgedrückt: Bei Menschen mit Ergänzungsleistungen gibt es nichts zu holen. Eine Betreibung ist deswegen sinnlos. Schlimmer noch: Für die Betreibung muss die Billag einen Kostenvorschluss leisten. In diesem Fall zum Fenster hinaus geworfenes Geld.

Dass die Billag die beiden Monate überhaupt einfordert, ist dagegen rechtlich korrekt. Denn die Gebührenpflicht endet laut Gesetz nicht automatisch mit dem Anspruch auf Ergänzungsleistungen, sondern erst dann, wenn das Gesuch um Gebührenbefreiung bei der Billag eingegangen ist. Wer Ergänzungsleistungen beantragt, sollte deshalb gleichzeitig auch ein Gesuch um Gebührenbefreiung bei der Billag einreichen.

Ergänzungsleistungen werden häufig rückwirkend zugesprochen und zwar auf den Zeitpunkt hin, in dem die betroffene Person alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt hat. Anders bei der Billag. Dort ist das Datum des Gesuchs um Gebührenbefreiung massgebend. Nur wer mit dem Antrag auf Ergänzungsleistungen auch das Gesuch um Gebührenbefreiung bei der Billag einreicht, kann sicherstellen, keine «unnötigen» Monate bezahlen zu müssen.

Gesuch um Gebührenbefreiung möglichst früh stellen

Bei der Bekannten der «Espresso»-Hörerin ist genau das passiert: Das Gesuch um Gebührenbefreiung ist bei der Billag erst im August eingegangen, nach dem Entscheid über die Ergänzungsleistungen.

Ähnlich ergangen ist es einem Mann. Ihm wurden im Juli 2011 rückwirkend auf Juli 2009 eine Invalidenrente und Ergänzungsleistungen zugesprochen. Der Mann beantragte bei der Billag die rückwirkende Gebührenbefreiung auf diesen Termin hin. Er argumentierte, er habe ja im Juli 2009 nicht wissen können, ob ihm die Rente und die Ergänzungsleistungen zugesprochen werde. Der Fall wurde schliesslich dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt (Urteil siehe Infobox). Das Gesetz sehe keine rückwirkende Gebührenbefreiung vor, entschied es. Der Mann musste die Gebühren für die zwei Jahre bezahlen.

Für Betroffene bedeutet das: Sich gegen die Gebühren zur Wehr zu setzen, macht keinen Sinn. Es bleiben nur zwei andere Möglichkeiten: Sich mit der Billag auf eine erträgliche Ratenzahlung zu einigen, oder die Betreibung samt anschliessender erfolglosen Pfändung über sich ergehen zu lassen.

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