Zum Inhalt springen

Wegwerf-Nastüechli Mit viel Tempo zur Wegwerfgesellschaft

Am 29. Januar 1929 erteilte das Reichspatentamt in Berlin das Patent auf ein Papiertaschentuch aus Zellstoff. Sein Name: Tempo, passend zur schnellen Zeit der Weimarer Republik.

«Kein Waschen mehr!» liess Oskar Rosenfelder, der Erfinder des Papiertaschentuchs, auf die ersten Packungen drucken. Die Waschmaschine war schon erfunden, aber nur wenige konnten sich eine leisten.

Papiertaschentücher, konnten sich aber – dank Massenproduktion – praktisch alle kaufen. Das Seltsame war damals, dass man etwas einmal benutzte und es dann wegwarf. Für diese Zeit gänzlich ungewohnt. Kleider wurden umgeändert, die Schuhe mehrmals zum Schuster gebracht.

Rosenfelder war nicht der erste

Vor 125 Jahren meldete bereits ein Schwabe ein Patent für ein glyzeringetränktes Papiertaschentuch an. Vermutlich war es 1894 zu früh für ein Wegwerfprodukt. Oder lag es an der den Schwaben nachgesagten Sparsamkeit?

Nicht kriegswichtig

Der Siegeszug von Tempo war rasant. 1933 wurden schon 35 Millionen Päckchen pro Jahr produziert, 1938 waren es 400 Millionen. Dann kam der zweite Weltkrieg und das Papiertaschentuch wurde als «nicht kriegswichtig» eingestuft. Die Produktion kam zum Erliegen.

Nach dem Krieg ging es aber munter weiter. In den 50er-Jahren war die Milliardengrenze geknackt. Heute ist das Papiertaschentuch aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Im Durchschnitt verbrauchen wir 55 Päckli pro Jahr.

Papier oder Stoff?

Aus medizinischer Sicht sind Papiertaschentücher bei einem Schnupfen hygienischer. Nach einmal schnäuzen sollte das Taschentuch entsorgt werden und nicht im Hosensack landen und nochmals benutzt werden. Denn im Hosensack ist es warm und feucht – ein ideales Klima für Erkältungserreger.

Papiertaschentücher gehören aus hygienischen Gründen auch nicht ins Altpapier. Am besten entsorgt man sie mit dem gewöhnlichen Kehricht. Im Gegensatz zum Toilettenpapier zersetzen sie sich nicht so schnell, weshalb sie auch nicht die Toilette runtergespült werden sollen.

Benutzt man Stofftaschentücher aus Biobaumwolle, so haben diese in ökologischer Hinsicht die Nase vorn. Auch Grossmutters weiche, reich bestickte Taschentücher oder solche aus dem Brockenhaus sind ökologisch gut verträglich.

Bügelt man sie nach dem Waschen sind sie nahezu steril. Allerdings kommt man bei einem gehörigen Schnupfen mit dem Waschen nicht nach. Mittlerweile gibt es aber auch Papiertaschentücher aus recycelter Zellulose oder nachhaltiger Waldbewirtschaftung.

Meistgelesene Artikel