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Lichtverschmutzung Warum Licht uns den Schlaf und Tieren den Lebensraum raubt

Licht dient der Orientierung und erhöht die Sicherheit in der Nacht. Mittlerweile ist es aber zu hell auf der Welt – Lichtverschmutzung plagt den Menschen, Pflanzen und Tiere.

Die Erfindung der Glühbirne stellte die Welt auf den Kopf. Oder: Machte die Nacht zum Tag. Strassen wurden dank Beleuchtung sicherer, die Orientierung leichter und der Mensch konnte auch nachts aktiv sein – die 24-Stunden-Gesellschaft war geboren.

Die Kehrseite der Medaille: Lichtverschmutzung, also die künstliche Aufhellung des Nachthimmels. Eine weltweite Umweltbelastung, welche negative Folgen für Menschen, Tiere und Pflanzen hat.

Lichtverschmutzung entsteht vor allem dann, wenn Licht nach oben oder seitlich abstrahlt. Das kann durch ein Abschirmen der Leuchten einfach verhindert werden.

Eine Strassenbeleuchtung in der Nacht
Legende: Lichtquellen, die nicht zielgerichtet abgeschirmt sind, tragen zur Lichtverschmutzung bei. Unsplash/Sven Scheuermeier

Von 1994 bis 2012 haben sich gemäss einem Bericht vom Bundesamt für Umwelt (Bafu) die Lichtemissionen verdoppelt. Die ganze Schweiz leidet an Lichtverschmutzung. «Seit 1996 gibt es in der Schweiz keinen Ort mehr, der nicht von der Lichtverschmutzung betroffen ist», hält Lukas Schuler, Präsident von Dark-Sky Switzerland die Ergebnisse einer weltweit angelegten Studie, fest. In dieser konnte festgestellt werden, dass Licht Auswirkungen an Orte bis zu 196 Kilometer vom Ursprung entfernt. Zürich beleuchtet Genf, Bern die Bündner Berge. Gemäss Bafu gibt es besonders im Mittelland und Jura keine grossen und natürlich dunklen Gebiete mehr.

Wird es in der Nacht nicht dunkel, hat das Auswirkungen – beim Menschen besonders auf die Schlafqualität. Für einen erholsamen Schlaf braucht der Körper die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Wird ein gewisser Helligkeitswert jedoch nicht unterschritten, wird zu wenig Melatonin ausgeschüttet.

Ohne lichtundurchlässige Vorhänge oder Storen habe man heute besonders in den grossen Schweizer Agglomerationen keine Chance auf eine dunkle Nacht, so Lukas Schuler. «In Städten wie Zürich, Bern oder Genf ist es nachts mindestens so hell, wie wenn 8 Vollmonde gleichzeitig scheinen würden.»

Luzern in der Nacht von oben (Fotografiert vom Rigi)
Legende: Die Lichter von Luzern erhellen den Nachthimmel. Keystone/Alessandro Della Bella

Für Tiere kann die Lichtverschmutzung gar tödliche Folgen haben. Bekanntestes Beispiel: Zugvögel. Sie verlieren wegen fehlender Sicht auf die Sterne die Orientierung und werden gleichzeitig von den grossen Lichtquellen der Städte angezogen. Das führt nicht selten zu tödlichen Zusammenstössen mit Gebäuden.

Nachtaktive Insekten werden ebenso von künstlichem Licht angezogen – und vernachlässigen so lebensnotwendige Tätigkeiten wie Futtersuche oder Paarung.

Lampe in der Nacht mit Insekten
Legende: Licht zieht Insekten nachts magisch an. Keystone

Das künstliche Licht beeinflusst zuletzt auch Pflanzen. Ihr Wachstum hängt vom Tageslicht ab. Dieses gibt ihnen Informationen über die Jahreszeit. Steht eine Pflanze in einem Lichtkegel, erhält sie durch die Dauer der Beleuchtung die Fehlinformation, dass es Sommer sei – obwohl es bereits Herbst ist und sich die Pflanze auf den Winter vorbereiten sollte.

Blätter bedeckt mit Schnee.
Legende: Blätter bedeckt mit Schnee. Keystone/Peter Schneider

Es gibt aber auch Pflanzen, die sich wehren. «Bäume wie die Lärche reagieren sehr sensibel auf das Licht», weiss Lukas Schuler. Werden sie direkt von Licht bestrahlt, werfen sie ihre Nadeln ab. Beobachten konnte Schuler das noch nicht erforschte Phänomen in Zürich: Eine von drei nebeneinanderstehenden Lärchen wurde beleuchtet – sie war die einzige, die frühzeitig ihre Nadeln abwarf. Obwohl man dieses Verhalten nicht als Abwehr bezeichnen könne: «Der Informationsüberfluss übersteuert schlicht das natürliche Verhalten der Pflanzen.»

Was kann man als Einzelperson gegen die Lichtverschmutzung und deren Folgen tun?

  • Unnötige Lichtquellen ausmachen: Braucht es die Wegbeleuchtung wirklich die ganze Nacht? Kann man auch mit weniger Licht auskommen? Bei jeder Lampe kann man sich diese Fragen stellen.
  • Abschirmen: Das Licht soll dorthin leuchten, wo es gebraucht wird. Wichtig ist, darauf zu achten, dass kein Licht horizontal oder nach oben wegleuchtet.
  • Sensoren: Eine Investition in einen guten Bewegungsmelder lohnt sich – sollen die Lampen doch nur angehen, wenn tatsächlich ein Mensch durchläuft und nicht bei jedem Kleintier.
  • Zeitschaltuhren: Diese gibt es schon sehr günstig und helfen, wenn das Ausschalten der Lampen zwischendurch vergessen geht.
  • Lichtintensität dämpfen: Eine Studie der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und dem Elektrizitätswerk Zürich (EKZ) hat gezeigt: Je heller das Licht, desto mehr nachtaktive Tiere werden angelockt. Orientieren kann man sich an der Höhe der Lumen, welche die Lichtintensität angeben. Eine 60-Watt-Birne hatte früher 800 Lumen, heutige LED-Lampen bis zu 2'000 Lumen. Hier gilt es individuell zu überlegen, wie hell es tatsächlich sein muss. Auch eine Lampe mit weniger Lumen kann den gewünschten Effekt erbringen.
  • Lichtfarbe: Blaues Licht streut mehr als warmes Licht. Und: Es zieht ebenso mehr Insekten an. Deshalb sollte man den Insekten zuliebe auf wärmere Lichtfarben setzen. Diese liegen zwischen 1'800 und 3'300 Kelvin. Je höher der Wert, desto blauer das Licht.
  • Rückzugsorte schaffen: Viele Gartenbewohner sind froh über Stein- oder Asthaufen, wo sie sich verstecken können.

  • Rückzugsorte dunkel gestalten: Auch wenn es hübsch aussieht im Garten: Keine Solarlampen. Diese verhindern, dass es im Garten noch dunkle Stellen gibt, an welche sich Tiere zurückziehen können.

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