«Ich war lange Zeit komplett isoliert», so beschreibt Abdelkarim in «Signes», der RTS-Sendung in Gebärdensprache, seine Flucht aus Marokko und seine Ankunft in der Schweiz. Er ist gehörlos, hat keine Schulbildung und kam 2022 alleine in die Schweiz. Er wurde mit Hörenden untergebracht und konnte zu Beginn mit niemandem kommunizieren. «Sie redeten untereinander und ich sass einfach daneben und verstand nichts.»
Irgendwann stösst Abdelkarim auf die DIMA, das Kompetenzzentrum für gehörlose und schwerhörige Menschen, mit und ohne Migrationshintergrund. Für ihn ein Glückstreffer. «Wenn ich Gehörlose treffe und gebärde, dann geht mir das Herz auf.»
Sie reden untereinander und ich sitze einfach daneben und verstehe nichts.
Das Gebärden hat sich Abdelkarim ursprünglich selbst beigebracht, mit Videos auf Instagram und Facebook. Jetzt lernt er die Deutschschweizer Gebärdensprache sowie die Schriftsprache dazu.
Zusammen mit zwei weiteren gehörlosen Männern findet er eine Stelle im Brockenhaus Brockito. Indem er seinen Arbeitskollegen Gebärden beibringt und mit etwas Kreativität funktioniert die Kommunikation.
Doppelte sprachliche Barrieren
Hadish aus Eritrea kennt das Gefühl der Isolation. Auch er ist gehörlos, kam alleine in die Schweiz und niemand hat ihn verstanden. Bei seiner Ankunft in der Schweiz war er mit mehreren sprachlichen Barrieren konfrontiert: Die ersten sechs Monate hatte er keinen Zugang zu Gebärdensprache oder einer Deutschschule gehabt.
Sechs Jahre nach seiner Flucht konnten Hadishs Frau Naznet und sein Sohn nachkommen. Naznet ist ebenfalls gehörlos, ihr Sohn ist hörend – ein sogenanntes CODA (Children of Deaf Adults, dt. Kinder gehörloser Eltern).
Auch Hadish und Naznet besuchten die DIMA und lernten dort die Deutschschweizer Gebärdensprache. Naznet erzählt, sie geniesse zwar den Austausch mit anderen gehörlosen Personen mit Migrationshintergrund, doch wünsche sie sich mehr Kontakt zu Schweizern und Schweizerinnen und möchte die Kultur besser kennenlernen. Die Kommunikationskultur in der Schweiz sei ganz anders als in Eritrea: «Hier kann man nicht einfach sofort auf alle zu gehen, es ist distanzierter.»
300 gehörlosen Ukrainerinnen und Ukrainern
Yuliia, ihre beiden Töchter und ihr Vater Oleksandr kamen zwei Wochen nach dem Kriegsausbruch in der Ukraine in die Schweiz. Sie sind vier von 300 gehörlosen Ukrainerinnen und Ukrainern, die in die Schweiz geflüchtet sind. Um auszureisen, musste Oleksandr seine Kriegsuntauglichkeit beweisen können. Er brauchte also ein ärztliches Attest für seine Gehörlosigkeit.
Yuliia und Oleksandr vermissen die Ukraine. Doch die Kinder fühlen sich hier zu Hause: «Sie gehen zur Schule, in den Sport und treffen ihre gehörlosen Freunde».