Halfpipe-Olympiasieger Iouri Podladtchikov weiss sehr wohl, was seine Gegner das ganze Jahr über im Training treiben. Der Zürcher verfolgt in den sozialen Netzwerken genau, woran die ärgsten Konkurrenten arbeiten. «Das ist ein Teil des Jobs», sagt Podlatchikov, «ich muss wissen, was läuft. Ansonsten sehe ich es erst an einem Wettkampf - und dann muss ich es nachholen.»
Auch Kunstturnerin Giulia Steingruber hielt sich via Facebook stets auf dem Laufenden, verzichtet aber seit geraumer Zeit darauf, ihre Gegnerinnen «auszuspionieren». Ihre Erklärung ist so simpel wie einleuchtend: «Mich hat das jeweils zu sehr unter Druck gesetzt. Ich dachte dann immer, dass ich noch mehr können, noch mehr Gas geben muss.»
Druck kann auch positiv sein
Michael Schaffrath vom Lehrstuhl für Sport, Medien und Kommunikation an der Technischen Universität München kann beide Seiten verstehen. Der von Steingruber angesprochene Druck könne aber auch einen umgekehrten Effekt haben. «Man sieht, dass ein Konkurrent die Übung x kann. Das motiviert einen, die Trainingsintensität ebenfalls zu steigern», so Schaffrath.
Der Zeitaufwand, um sich zu exhibitionieren, sei aber erheblich und dürfe nicht unterschätzt werden, so Schaffrath weiter. So sagt Steingruber denn auch: «Weil ich weniger auf Facebook surfe, bleibt mir mehr Zeit für anderes.»
Sendebezug: Radio SRF 3, Abendbulletin, 05.11.2014, 17:17 Uhr.