Wenn Sven Andrighetto über Zürich spricht, fallen dieselben Begriffe immer wieder: «Heimat», «Herz», «Freunde», «Familie». So gesehen ist der Wechsel des Nati-Flügelstürmers vom russischen Klub Omsk zu den ZSC Lions nicht nur sportlich, sondern auch emotional ein Wunschtransfer für den 27-Jährigen. «Der Entscheid fiel mir wahnsinnig leicht», erzählte Andrighetto im «sportpanorama».
In der letzten Saison wohnte er in Moskau. Fremde Stadt, eine ihm unbekannte Sprache und ungewohnte Kultur. Das Leben im Alltag war nur mit einer Übersetzungs-App möglich. Was fehlte: «Mit Freunden ins Kino gehen.» Das wiederum bedeute für ihn mangelnde Lebensqualität.
Ein anderer Punkt ist das russische Hockey: Der filigrane Andrighetto hoffte auf ein technisch hochstehendes Spiel. «Das kam in der KHL aber nicht so zum Tragen.» So wurde das Russland-Abenteuer nach nur einem Jahr abgebrochen.
Der Kontrast ist immens: Aktuell wohnt der 227-fache NHL-Spieler im Kinderzimmer seines Elternhauses. Die Tücken der Wohnungssuche in Zürich machen auch vor einem Eishockey-Star nicht halt. Die Vorfreude auf die Rückkehr in seine Heimatstadt, die er als Tätowierung auf dem rechten Oberschenkel verewigt hat, und zu seinem Ausbildungsklub lässt sich davon nicht ausbremsen.
Dass die Erwartungshaltung gross ist, sei für Andrighetto «eine Motivation.» Er dürfte daran gemessen werden, ob er den in die NHL abwandernden Pius Suter, in der Vorsaison immerhin Liga-Topskorer, zu ersetzen vermag. Seine ambitionierten Ziele verhehlt Andrighetto nicht: Der Meistertitel muss es sein. Es wäre der erste «richtige» Titel für ihn, der noch keine einzige National-League-Partie absolviert hat. 2011 wurde er mit Visp Nati-B-Meister.
Eine Rückkehr aus der NHL in die Schweiz: Dass das mehr als gut funktionieren kann, zeigten zuletzt Damien Brunner, Reto Berra, Raphael Diaz und Jonas Hiller.
Doch die aktuelle Corona-Situation sorgt für Fragezeichen. Geht der Saisonstart wie geplant am 18. September über die Bühne? Wie sieht es mit dem Publikum aus? Der Schweizer Eishockey-Verband hat ein 65-seitiges Schutzkonzept verfasst. Inhalte sind unter anderem die Sitzordnung im Bus oder das Verhalten in der Garderobe. Zudem wird die «Verabschiedung mittels Stockgruss» vorgeschrieben. Und: «Fist-Bumps sind nicht erlaubt, auch nicht mit Handschuhen.»
Es ist auch für Andrighetto, der erstmals seit 2011 wieder in der Schweiz spielt, eine neue Situation. Er hofft, dass man die Pandemie in den Griff bekommt. Denn wenn er an den ersten Einsatz für seinen Herzens- und Heimatklub denkt, dann stellt er sich ein volles Hallenstadion vor. Und als Hauptproblem die gegnerische Verteidigung – und bestimmt kein Virus.