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Ralph Krueger, was war das für ein Gefühl, nach zweieinhalb Jahren ohne Headcoaching wieder an der Bande zu stehen?
Krueger: Ich fühlte mich unheimlich schnell wieder zuhause. Das hat mich eigentlich überrascht. Im ersten Drittel des Startspiels ( gegen die USA, Anm. der Red. ) war ich schon sehr angespannt. Das Ganze war ein endloser, schöner Wachstumsprozess.
Sie sind zurückgekehrt und hatten gleich Erfolg. Ist das so einfach?
Es beginnt immer mit den Spielern und der Situation, welche man antrifft. Einfach war es sicherlich nicht. Die Vorbereitung begann vor einem Jahr und verlief in meiner Freizeit. Wir haben aber einen professionellen Staff gebildet, so NHL-artig wie möglich. Der Erfolg war organisch. Der Charakter der Spieler hat letztlich den Ausschlag gegeben.
Der World Cup kann Olympia nicht ersetzen.
Das Team Europe startete mit wenig Kredit. Wie war diese Entwicklung möglich?
Die Quoten auf den Finaleinzug standen vor dem Turnier bei 50:1. Aber wir fanden sofort eine gemeinsame Sprache. Schon am zweiten Tag unterhielten sich alle Spieler aus den 8 Nationen nur noch auf Englisch in der Kabine, dabei hatten wir dies gar nicht verlangt. Es gab sofort eine Durchmischung. Da habe ich gedacht: Es könnte klappen. Innerhalb von wenigen Wochen fanden wir eine Verbindung – auf und neben dem Eis.
Wie beurteilen Sie die Schweizer?
Diese vier Spieler sind tolle Menschen. Sie werden alle wichtige Rollen spielen für das Schweizer Hockey, auch nach ihrer Aktivzeit, um das Ganze auf ein noch höheres Level zu bringen.
Haben Sie die Finalniederlage gegen Kanada verdaut?
Das hat natürlich sehr geschmerzt. Aber ich werde das Turnier trotzdem in sehr guter Erinnerung behalten. Es war auch eine tolle Sache für das europäische Eishockey. Besonders die Schweden im Halbfinal rauszuwerfen, war eine grosse Genugtuung.
Die Anerkennung ist sehr schön, aber mein Fokus gilt voll Southampton.
Wird der World Cup dereinst Olympia ablösen?
Man wird sehen, ob die NHL-Stars in Korea sein werden. Wenn nicht, fände ich es traurig. Es gibt keine grössere Bühne als Olympia, weil man mit den anderen Sportarten vereint ist. Der World Cup kann das nicht ersetzen. Aber losgelöst von Olympia alle vier Jahre sehe ich das durchaus. Es war das Beste vom Besten, ein echter Leckerbissen.
Sie sind Chairman (Verwaltungsrats-Vorsitzender) beim Premier-League-Klub Southampton. Wie geht es mit Ihnen weiter?
Die Anerkennung ist sehr schön, aber mein Fokus gilt voll Southampton. Wir spielen in der Europa League und kämpfen wieder um einen Europacup-Platz. Wir haben eine tolle junge Mannschaft. Ich darf von den erwachsenen Profis bis zu den 8-Jährigen mitarbeiten in meiner Rolle. Ich freue mich auf die Rückkehr.
Sie haben einen Vertrag bis 2019. Trotzdem: Hat sie die alte Liebe nicht gepackt?
Ich habe gesehen, dass Ausflüge möglich sind. Warum also nicht einmal eine WM, Olympia oder den World Cup, wenn es das Team Europa nicht mehr geben sollte, bestreiten? Aber nur solange ich mich gut vorbereiten kann. Ich würde nie nie sagen zu einer Zukunft im Eishockey, aber solange ich mich entwickeln kann, bleibe ich bei Southampton.
Sendebezug: SRF zwei, sportaktuell, 30.09.2016, 22:20 Uhr / sportpanorama, 1.10.2016