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Eishockey allgemein Marc Reichert: «Es blieb immer Platz für ‹Seich›»

Marc Reichert hat den ersten hockeyfreien Monat seit 20 Profijahren hinter sich. Sein Karriereende ist gleichbedeutend damit, dass er künftig weniger Flausen im Kopf hat und ungesünder isst.

Marc Reichert, nach 1022 NLA-Partien war für Sie vor einem Monat Schluss mit Eishockey. Wie ist Ihr neuer Lebensabschnitt angelaufen?

Reichert: Zunächst standen noch einige Feierlichkeiten an. Erst eine Teamreise nach Amsterdam beschloss den grossen Rummel. Seither ging es darum, alles runterzufahren, die Emotionen setzen zu lassen und der Familie Priorität einzuräumen.

Sie starten Ihre Arbeit bei einer Marketingagentur erst im August. Müssen Sie so lange regenerieren?

Nein, das hat sich mit dem Zeitpunkt einfach so ergeben und ich freue mich auf die Chance, die ich erhalten werde.

Ich merke selbst, dass ich mich jetzt dann mal wieder aufs Velo schwingen muss.

Wie gross ist der Respekt vor der neuen Aufgabe?

Der ist vorhanden. Denn der Wechsel vom Eis ins Büro ist etwas komplett anderes. Aber das Umfeld bleibt dynamisch. Deshalb werde ich sicher nicht «eingehen» am Computer.

Dreifacher Meister

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Marc Reichert war ein Berner Urgestein, das 1996 in den Klub eintrat. Nur 3 Mal zog es den heute 37-Jährigen kurz weg (nach Biel, Kloten und Ambri). Der 6-fache WM-Teilnehmer gewann mit den «Mutzen» in den Jahren 2010, 2016 und 2017 den Titel. Er lebt mit seiner Frau und den 10-jährigen Zwillingsbuben zusammen, die bei den SCB-Moskitos spielen.

Was haben Sie sich seit Ihrem Rücktritt gegönnt, was vorher nicht dringelegen wäre?

Ungesünder gegessen und mich kaum mehr bewegt. Doch ich merke selbst, dass ich mich jetzt dann mal wieder aufs Velo schwingen muss.

Spüren Sie in Ihrer Funktion als WM-Beobachter für SRF zwei schon Entzugserscheinungen?

Bis jetzt nicht. Denn mit dem Nati-Kapitel hatte ich ja schon 2008 in Québec abgeschlossen. Mal schauen, vielleicht juckt es mich dann aber im September.

In einem Interview erwähnten Sie einmal, dass Sie die Carfahrten und die Momente in der Kabine am meisten vermissen würden. Erinnern Sie sich an das speziellste Garderoben-Erlebnis?

Das Teamleben, das in der Kabine stattfindet, lässt sich nicht beschreiben. Man muss es selbst erfahren. Neben der grossen Kameradschaft hatte es auch immer Platz für «Seich». Wir haben Boxershorts eingefroren, Hosenbeine abgeschnitten und so weiter. Auch habe ich es genossen, nach einem guten Sieg ein Bierchen zu trinken und über etwas anderes zu sprechen als über Hockey.

Kari hatte es geschafft, unsere enorme Anspannung zu lösen.
Porträt von Marc Reichert.
Legende: Marc Reichert Er war jahrelang der Leitwolf der Berner. SRF

Im letzten Saisonspiel in Zug gab es eine spezielle Begegnung mit einer Holzfällerin in der Garderobe. Erzählen Sie uns davon?

Ach, das war ein Trick von Kari Jalonen (dem SCB-Trainer). Er sprach plötzlich davon, dass er sich eine 20-jährige Holzhackermaschine angeschafft habe, die trotzdem wie neu sei. Das Resultat präsentierte er uns dann am Bildschirm: Es ploppte eine leicht bekleidete Holzfällerin auf. Alle brachen in schallendes Gelächter aus. Kari hatte es so geschafft, unsere enorme Anspannung zu lösen.

Bleiben Sie dem SCB verbunden?

Unbedingt. Denn mein Arbeitgeber ist die offizielle SCB-Vermarktungsagentur. Ich werde das Gros der SCB-Heimspiele in der Loge verfolgen.

Ein Engagement als Juniorentrainer hatten Sie ausgeschlagen. Warum?

Das waren nur lose Gedankenspiele. Aber ich wollte bewusst Abstand gewinnen und aus dem Trott rauskommen.

Sendebezug: SRF zwei, sportlive, 14.05.2017 20:00 Uhr

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