SRF Sport: In den letzten Tagen haben Sie Ihren 1. NHL-Vertrag unterschrieben und kurz darauf aber den WM-Cut nicht geschafft. Wie sieht Ihre Gefühlswelt aus?
Es war ein ziemliches Chaos in mir drin. Auf der einen Seite wusste ich, dass es leider nicht reicht für die WM. Auf der anderen Seite durfte ich aber den Vertrag bei den St. Louis Blues unterschreiben. Ich war gleichzeitig traurig und mega happy.
Welches Gefühl überwiegt?
Sicher die Freude, dass ich in der NHL spielen darf – das ist der Traum von jedem Bub. Vielleicht werde ich wieder trauriger, wenn die WM wirklich anfängt und ich die Spiele vor dem Fernseher schaue. Der Entscheid, ob ich mit darf oder nicht, war ziemlich knapp. Ich hatte aber nicht die allerbesten vier Wochen in der Vorbereitung, das weiss ich. Es ist schade, aber so ist das Business.
Sie sind im April 25 Jahre alt geworden und wechseln nun zum 1. Mal nach Übersee. Sehen Sie sich als Spätzünder?
Ja, definitiv. Das war auch im Zoom-Call mit St. Louis ein Thema. Das hat sich in meiner Karriere seit den Junioren so entwickelt. Ich wusste immer, dass ich Geduld haben muss. Der Wechsel weg von meiner Heimat Bern hin zu Ambri-Piotta war sicher entscheidend. In Ambri gab man mir die Chance, viel Eiszeit zu erhalten und eine wichtige Rolle zu übernehmen. Ich würde es sofort wieder so machen und war sehr glücklich im Tessin.
Wie ist der Kontakt mit St. Louis zustande gekommen?
Mein Agent hat mich eines Morgens angerufen und gesagt, dass der Klub Interesse habe. Dann ging alles plötzlich recht schnell. Wir hatten einen Call gemeinsam und es wurde recht klar, dass mich die «Blues» gerne verpflichten würden. Wegen den ganzen Transferregeln in Übersee war der Kontakt danach aber lange auf Eis gelegt. Eigentlich bis am Montag, als es wieder schnell ging und ich dann meinen Vertrag unterschreiben konnte.
Sie sind der 1. Schweizer überhaupt bei St. Louis. Wissen Sie, wie man auf Sie gekommen ist?
Genau weiss ich es nicht. Aber Claude Julien spielte im Ganzen sicher eine wichtige Rolle (er ist Scout von St. Louis und unterstützte Ambri diese Saison zeitweise als Berater; Anm. d. Red.). Er hat ein gutes Wort für mich eingelegt und für mich gekämpft. Es ist sicher speziell, dass ich der 1. Schweizer da bin und das macht mich auch ein bisschen stolz.
Werden Sie sich jetzt auch Tipps holen von anderen NHL-Schweizern?
Das habe ich zum Teil schon, aber ganz spezifische Ratschläge in Bezug auf St. Louis kann mir ja leider keiner geben (lacht). Bereits im Nati-Camp habe ich mit einigen Spielern über ihre Erfahrungen in Nordamerika gesprochen. Und im Sommer bin ich ab und zu mal in Bern, wo ich vielleicht Nico Hischier sehen werde und Tipps abholen kann.
Das Ziel ist ganz klar, ein ganzes Jahr in Nordamerika zu bleiben.
Wie sieht nun Ihr persönlicher Fahrplan aus? Wann stossen Sie zu Ihrem neuen Team?
Erst mal habe ich ein bisschen Ferien, und dann geht es Vollgas ins Sommertraining. Am 27. Juni fliege ich für zwei Wochen in die USA und lerne den Klub schon mal kennen – das ist sicher sehr wertvoll, dass ich vor dem eigentlichen Vorbereitungscamp schon mal alles sehe. Im August darf ich mit Ambri ins Trainingslager. Ich schätze es sehr, dass mich Ambri noch so unterstützt. Ich werde alles dafür geben, um es dann in die NHL zu schaffen.
Was, wenn das nicht gelingt? Es könnte ja auch sein, dass Sie in der AHL starten müssen.
Das Ziel ist ganz klar, ein ganzes Jahr in Nordamerika zu bleiben – auch wenn ich in der AHL spielen muss. Natürlich will ich unbedingt in die NHL. Aber ich kann die Erfahrungen so oder so nutzen und will mich weiterentwickeln. Und sollte es nach einem Jahr wirklich nicht klappen, gehe ich zurück zu Ambri.
Zum Abschluss nochmal zurück zur Nati: Wie weit schafft es die Schweiz an der WM – halt ohne Sie im Kader?
Ich hoffe, sehr weit. Das Final-Wochenende muss das Ziel sein und ist auch realistisch mit diesem starken Team.