6 Jahre nach dem letzten Meistertitel haben die ZSC Lions den Schweizer Hockey-Thron zurückerobert. Wäre der Schweizer Meister 2023/24 aus Lausanne gekommen, hätte man trotz dem 3. Platz in der Regular Season von einer Überraschung sprechen müssen. Zu überschaubar präsentiert sich das Playoff-Palmarès der Waadtländer in den letzten Jahren.
Ganz anders hingegen die Zürcher. Der Triumph der ZSC Lions ist so etwas wie der logische Schlusspunkt unter eine Saison, an deren Ende eigentlich nur der Titel stehen konnte – ja vielleicht sogar durfte. Nach Jahren, in denen die Zürcher den hohen Erwartungen hinterher gerannt sind, ist der 10. Meistertitel der Klubgeschichte der Beweis für das wiedergefundene Selbstverständnis.
Immer oben auf
Eingeläutet worden waren die Krisenjahre der Lions nach dem letzten Titelgewinn 2018. Mit dem Verpassen der Playoffs erreichte der Klub eine Art Negativ-Meilenstein und schien sich in den Folgejahren nur schwer davon zu erholen. 2021/22 erreichte man zwar wieder einen Playoff-Final, verspielte gegen den EVZ aber tatsächlich eine 3:0-Führung. Im Vorjahr war für die Zürcher bereits im Halbfinal Schluss. Gegen Biel gewann man keine einzige Partie.
Allerdings ist der ZSC in den vergangenen Jahren in der Qualifikation auch nicht derart souverän aufgetreten, wie er es in dieser Spielzeit getan hat. Die Zürcher sind im letzten Spätsommer als haushoher Favorit angetreten. Und wurden dieser Rolle je länger die Saison dauerte desto mehr gerecht. Dem letztlich souveränen Qualifikationssieg liessen sie gegen Biel und Zug je einen «Sweep» folgen.
Dass ihnen ein solcher im Final gegen Lausanne nicht gelang, verdient nicht mehr als eine Randnotiz. Ein perfektes Playoff, 12 Siege in Serie, das ist hierzulande noch keinem Team gelungen. Gelungen ist es den Lions hingegen, auf Rückschläge zu reagieren. Dreimal mussten sie in Lausanne als Verlierer vom Eis, dreimal zogen sie die richtigen Schlüsse aus den Niederlagen.
Das sind die 10 Eckpfeiler der ZSC-Meistermannschaft
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Bild 1 von 10. Simon Hrubec (CZE, Torhüter). Er muss den Vergleich mit dem in Zürich verehrten Ari Sulander nicht scheuen. Hrubec spielte eine überragende Saison mit dem niedrigsten Gegentore-Schnitt (1,88) und der besten Fangquote (93,21%). Auch in den Playoffs kam er auf die besten Werte - und auf nicht weniger als 5 Shutouts. Bildquelle: Freshfocus/Martin Meienberger.
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Bild 2 von 10. Dean Kukan (SUI, Verteidiger). Ein sehr unaufgeregter Spieler, der kaum Fehler begeht und dem Team Sicherheit verleiht. Wie wichtig er ist, merkt man vor allem auch dann, wenn er mal fehlt. Bildquelle: Freshfocus/Martin Meienberger.
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Bild 3 von 10. Mikko Lehtonen (FIN, Verteidiger). Der zweifache Weltmeister und Olympiasieger 2022 kam in der Qualifikation wie in seiner 1. Saison auf 30 Punkte. Bei der Plus-Minus-Bilanz steigerte er sich von +4 auf +28. Auf einen besseren Wert kommt kein anderer Zürcher. Bildquelle: Freshfocus/Claudio Thoma.
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Bild 4 von 10. Yannick Weber (SUI, Verteidiger). Der ehemalige NHL-Verteidiger brauchte eine Weile, um sich in Zürich zurecht zu finden. In seiner 3. Saison ging Weber nun aber voll auf in seiner Rolle. Er ist kein Skorer wie Lehtonen oder Kukan, aber ein verlässlicher Arbeiter. In den Playoffs drehte der Berner mächtig auf, schoss spielentscheidende Tore und kam auf die beste Plus-Minus-Bilanz. Bildquelle: KEYSTONE/Michael Buholzer.
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Bild 5 von 10. Denis Malgin (SUI, Stürmer). Er ist und bleibt der Schweizer Ausnahme-Stürmer in der National League. Der Mann für die besonderen Momente. Sammelte im Schnitt knapp einen Skorerpunkt pro Spiel. Bildquelle: Freshfocus/Claudio Thoma.
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Bild 6 von 10. Sven Andrighetto (SUI, Stürmer). Aufgrund einer Handverletzung stieg Andrighetto erst Mitte Oktober in die Saison ein. An der Seite von Malgin fühlt er sich am wohlsten. Drehte in den Playoffs noch mehr auf und beendete diese mit Malgin als Topskorer. Bildquelle: Freshfocus/Urs Lindt.
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Bild 7 von 10. Rudolfs Balcers (LAT, Stürmer). Er bildete zusammen mit Sven Andrighetto und Denis Malgin die spektakulärste Linie der Liga. Sinnbildlich dafür war das Tor zum 1:2 im 4. Finalspiel. Tic-Tac-Toe vom Feinsten. Fehlte in den letzten beiden Finalspielen verletzt. Bildquelle: Freshfocus/Claudio Thoma.
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Bild 8 von 10. Derek Grant (CAN, Stürmer). In seiner 1. Saison auf Schweizer Eis schlug er sogleich ein. Erzielte seine Tore mit Ablenkern, aus dem Handgelenk und vor allem im Powerplay. Dort war Grant vorab in den Playoffs unverzichtbar. Bildquelle: Keystone/Michael Buholzer.
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Bild 9 von 10. Jesper Fröden (SWE, Stürmer). Mit 40 Punkten war Fröden hinter Malgin der zweitbeste ZSC-Skorer in der Qualifikation. Seine 22 Treffer bedeuteten Bestwert bei den Lions. In den Playoffs blieb der Schwede zwar etwas hinter seinen Leistungen zurück – doch in der Final-«Belle» schoss er das wichtige 1:0. Bildquelle: Freshfocus/Pascal Muller.
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Bild 10 von 10. Juho Lammikko (FIN, Stürmer). Auch in seiner 2. Saison in der Schweiz überzeugte Lammikko mit Skorerpunkten und physischer Präsenz. Sammelte nach Verteidiger Marti die zweitmeisten Strafminuten im Team und kam hinter Lehtonen auf die zweitbeste Plus-Minus-Bilanz (+20). In der Final-«Belle» war er mit einem Tor und einem Assist überragend. Bildquelle: Freshfocus/Claudio Thoma.
Last auf viele Schultern verteilt
Möglich machte diese erfolgreiche und überzeugende Saison nicht zuletzt der hervorragend besetzte Kader der Zürcher. Beim ZSC laufen Angreifer in der 3. oder 4. Linie auf, die bei anderen NL-Teams die Top-Linie schmücken würden. Und im Tor hatten die Lions mit Simon Hrubec (CZE) den besten Keeper der Saison.
Mit Spielern wie Denis Malgin, Sven Andrighetto oder Dean Kukan wusste der ZSC einige der begehrtesten Schweizer Akteure in seinen Reihen. Das war schon in früheren Jahren so gewesen. Was heuer anders war: Erstmals seit langem überzeugte die Ausländer-Fraktion durchs Band.
Die Stürmer Jesper Fröden (SWE), Derek Grant (CAN), Rudolfs Balcers (LAT) und Juho Lammikko (FIN) sammelten alle im Schnitt über 0,75 Skorerpunkte pro Spiel. Und selbst Verteidiger Mikko Lehtonen (FIN) knackte die 30-Punkte-Marke.
Das Ausländer-Sextett (mit Hrubec) dürfte kommende Saison unverändert bleiben (alle besitzen einen Vertrag bis 2025 oder 2026). Für einmal hat der in früheren Jahren bei den Ausländern nicht immer mit einem glücklichen Händchen gesegnete Sportchef Sven Leuenberger im Sommer keinen Handlungsbedarf.
Crawford und die richtigen Schlüsse
Ein weiterer Erfolgs-Baustein ist an der Bande zu finden. Als Leuenberger Ende Dezember 2022 mit Marc Crawford den ZSC-Meistertrainer von 2014 zurück in die Limmatstadt holte, war dies durchaus ein Wagnis. Schliesslich kehren alte Besen nicht zwingend wieder gut.
Das Halbfinal-Out im Frühling 2023 gegen Biel war denn auch eine Enttäuschung. Doch in dieser Saison scheinen Crawford und sein langjähriger Assistent Rob Cookson alles richtig gemacht zu haben. Aus Rückschlägen zog der ruhiger gewordene Kanadier die richtigen Schlüsse, er liess den Spielern genügend Freiheiten und brachte gleichwohl Emotionen ins Spiel. Der Erfolg gibt dem 63-Jährigen recht.