Es ist wahrlich ein spezieller Moment, den der SCB gewählt hat, um Trainer Johan Lundskog zu entlassen. Unmittelbar nach dem Sieg gegen die ZSC Lions, den die Berner mit einer tollen Aufholjagd im letzten Drittel (vom 1:3 zum 4:3) bewerkstelligt hatten, wurde der schwedische Coach vor vollendete Tatsachen gestellt.
Einen Trainer zu entlassen, ist immer schwierig. Nach einem Sieg sowieso. Und wenn man die Person gut mag, dann fällt es einem noch schwerer.
«Ich habe ihn nach dem Spiel zu mir genommen und ihm den Entscheid mitgeteilt. Er hat es sehr professionell aufgenommen. Andrew Ebbett ( Sportchef, Anm. der Red. ) ging in die Kabine, um das Team zu informieren», erklärte Raeto Raffainer.
Der SCB-CEO hat zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt in der Hauptstadt Anfang 2021 eine Trainerentlassung vorgenommen. Leicht fiel ihm dieser Schritt nicht: «Einen Trainer zu entlassen, ist immer schwierig. Nach einem Sieg sowieso. Und wenn man die Person gut mag, dann fällt es einem noch schwerer.»
Wir befürchten, dass wir im Frühling, wenn es um die Qualifikation für die direkten Playoffs geht, nicht dabei sind, wenn es so weitergeht.
Dieser Schritt sei aber unumgänglich geworden, betonte der 40-Jährige. Und es liegt auf der Hand, dass die Führungs-Etage des SCB den Entscheid bereits vor dem Spiel gegen die ZSC Lions (und wohl auch vor der Partie in Lausanne am Freitag) gefällt hat. Der Zeitpunkt passt: Es steht die Nationalmannschaftspause an, das nächste Meisterschaftsspiel für den SCB folgt erst am 19. November. Gründe für die Entlassung von Lundskog gibt es einige:
Grund 1: Die fehlende Konstanz
«Wir waren zu unkonstant in den letzten Wochen. Es reicht nicht, wenn wir ab und zu ein gutes Spiel zeigen. Die positive Entwicklung hat gefehlt», erklärte Raffainer. Damit bringt er es auf den Punkt: Bern kann jeden Gegner schlagen, aber auch gegen jeden Gegner verlieren. Bern lässt die Konstanz nicht nur von Spiel zu Spiel, sondern auch immer wieder während einer Partie vermissen.
Von 20 Spielen konnten zwar 11 gewonnen werden, aber nur 5 nach 60 Minuten. Gegen Aufsteiger Kloten holte man nur 2 von 6 möglichen Zählern. Auch gegen die beiden Klubs am Tabellenende, Ajoie und Lausanne, liess man Punkte liegen. «Wir befürchten, dass wir im Frühling, wenn es um die Qualifikation für die direkten Playoffs geht, nicht dabei sind, wenn es so weitergeht», so Raffainer.
Grund 2: Immer wieder neue Linien
Der SCB hat nach der verkorksten Vorsaison und dem Verpassen der Pre-Playoffs in der Sommerpause einen der grössten Umbrüche in der Klubgeschichte vollzogen und das Team weitgehend erneuert. Lundskog schaffte es im 1. Drittel der Meisterschaft aber nicht, Ruhe ins Team zu bringen. Und da trägt der Trainer eine Mitschuld. Der Schwede forcierte vor allem die Routiniers mit viel Eiszeit und liess die jungen Talente aussen vor.
Dass Lundskog vorwiegend mit nur 3 statt 4 Linien spielen liess und auch immer wieder innerhalb der Linien rotierte, trug seinen Anteil am unkonstanten Auftreten des SCB bei.
Grund 3: Wo bleiben die Jungen?
Am Samstag avancierte Joshua Fahrni mit seinem Treffer zum 4:3 zum Matchwinner gegen den ZSC. Der hochtalentierte 20-Jährige, der auch schon 3 A-Länderspiele absolviert hat, kam zu Beginn der Saison aber nur auf gut 6 Minuten Eiszeit. Der Center musste oft mit der 4. Linie Vorlieb nehmen und steht aktuell bei 8:56 Minuten Eiszeit. Zum Vergleich: Letzte Saison stand Fahrni im Schnitt rund 13 Minuten auf dem Eis.
Ähnlich ergeht es auch anderen Youngsters, die kaum zum Zug kommen. Der 20-jährige Fabian Ritzmann kommt nur 5:28 Minuten zum Zug. Auch auf die Junioren-Nationalspieler Santiago Näf (5:34) und Noah Fuss (3:04) trifft dies zu. Kein Vergleich also zu den Routiniers wie Ramon Untersander (23:16), Oscar Lindberg (21:33), Chris DiDomenico (22:06), Colton Sceviour (19:16) oder Simon Moser (19:31).
Spieler und Staff nun in der Pflicht
Nun hat Bern also die Reissleine gezogen und Lundskog entlassen. Für viele Fans war dieser Schritt überfällig. Jetzt sind aber andere gefordert: Zum Beispiel Sportchef Ebbett, um den geeigneten Coach für das Team zu finden. Und am Ende sind es immer noch die Spieler, die auf dem Eis für die Tore und Punkte sorgen müssen.