Genügsamkeit nach 2 Meistertiteln? Den Schlendrian einkehren lassen? Nicht immer zu 100 Prozent bei der Sache sein? Diese Gefahr besteht immer nach grossen Erfolgen, und genau das will EVZ-Trainer Dan Tangnes auf keinen Fall zulassen.
Sinnbildlich dafür steht eine Szene, die sich am Tag vor dem 4. CHL-Spiel gegen Turku ereignete. In derben Worten schickte Tangnes seine Spieler vom Eis. Angesprochen auf die Szene, meinte der EVZ-Coach: «Wir wussten, dass es anstrengende Tage werden würden. Deshalb haben wir dem Team angeboten, vorzeitig vom Eis zu gehen oder weiterzumachen, aber dann muss die Qualität stimmen. Das hat aber nicht geklappt, also sind wir in die Garderobe statt unsere Zeit und Energie zu verschwenden.»
Zumindest resultatmässig dürfte Tangnes aber zufrieden sein mit der Vorbereitung. In der Champions Hockey League haben die Zuger alle 4 bisherigen Partien gewonnen. «Ich bin glücklich, wo wir stehen», sagt Tangnes, stellt aber auch klar: «Wir sind noch weit weg von perfekt.»
2 neue Ausländer, Geisser zurück und Martschini wieder fit
Durch die Aufstockung auf 6 Ausländer sind auch beim EV Zug 2 Stellen freigeworden, die mit dem Slowaken Peter Cehlarik und dem Kanadier Brian O'Neill besetzt wurden. Dazu kehrte Tobias Geisser aus Nordamerika an seine alte Wirkungsstätte zurück. Und mit Lino Martschini meldete sich ein Leistungsträger zurück, der letzte Saison wegen einer Rückenverletzung die kompletten Playoffs verpasst hatte.
Martschini freut sich dementsprechend, wieder schmerzfrei auflaufen zu können. Und er will auch keinen Groll hegen, dass er den Titelgewinn im Frühling von der Tribüne aus miterleben musste. «Im ersten Moment war es natürlich hart. Doch das Leben geht weiter, es kommt eine neue Saison, es gibt neue Ziele.»
Ich habe damit gerechnet, dass ich meine Karriere bei Jokerit beenden werde.
In der CHL bildete Martschini eine Linie mit den beiden Neuzugängen O'Neill und Cehlarik. Beim 6:1 zuhause gegen Turku steuerte das Trio 8 Skorerpunkte bei. «Wir haben uns schnell gefunden und harmonieren schon wunderbar», meinte denn auch Martschini.
4 der 8 Skorerpunkte (1 Tor/3 Vorlagen) gingen auf das Konto von Neuzugang O'Neill, der sich in Zug schon pudelwohl zu fühlen scheint. Dabei macht er keinen Hehl daraus, dass ihm der Wechsel von Jokerit Helsinki in die Zentralschweiz nicht leicht gefallen sei.
O'Neill und der schwierige Abschied von Jokerit
«Ich habe damit gerechnet, dass ich meine Karriere bei Jokerit beenden werde», gibt der 34-Jährige unumwunden zu. Doch nach dem Rückzug aus der KHL (aufgrund der Invasion der Russen in der Ukraine) gab es keinen Platz für Jokerit in der höchsten finnischen Liga.
Das Team fiel auseinander. Ob es zu einem Neustart in der zweithöchsten finnischen Liga kommt, ist immer noch offen. «Das alles war ein grosser Schock für mich», sagt O'Neill. Er sei froh, habe Zug Interesse an ihm angemeldet. Seiner finnischen Frau gefalle es in Zug, darum sei er nun sehr froh und glücklich über den Wechsel.
So ist es denn auch O'Neill, der die Erwartungshaltung beim EVZ am deutlichsten formuliert: «Alles andere als die Titelverteidigung wäre eine Enttäuschung.»
Wir müssen vor allem dann mehr tun, wenn keine Kameras auf uns gerichtet sind.
Nicht ganz so forsch äussert sich Tangnes zu den Zielen. «Ich erwarte, dass wir zu den Titelanwärtern gehören», sagt der Norweger, gibt aber zu bedenken, dass sich die anderen Teams durch die Ausländer-Aufstockung ebenfalls prominent verstärken konnten.
Aber klar: «Wenn du gewinnst, willst du immer noch mehr gewinnen. Wir müssen vor allem dann mehr tun, wenn keine Kameras auf uns gerichtet sind.» Und dann können auch einmal derbe Worte fallen, um die Spannung hochzuhalten – Kamera hin oder her.