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Servettes Senkrechtstarter Miranda: «Leben und Hockey – Was danach kommt? Keine Ahnung»

Marco Miranda
Legende: «Träumen tut man immer vom Titel» Marco Miranda ist derzeit mit Genf-Servette im Aufwind. imago images

Der Blick auf die National-League-Tabelle offenbart aktuell Erstaunliches: Ganz oben steht nach 34 Partien Servette. Die Genfer überzeugen nicht nur mit der besten Defensive der Liga, vielmehr wird in der Calvinstadt nach dem Umschwung unter Headcoach Patrick Emond erfrischendes Eishockey geboten.

Einerseits sticht aus dem Kollektiv das Ausländer-Quartett hervor. Tommy Wingels (Nummer 7 der Liga-Skorerliste), Daniel Winnik (11) und Eric Fehr sind Torgaranten. Henrik Tömmernes ist mit durchschnittlich 0,91 Punkten pro Partie der offensivstärkste Verteidiger der Liga.

Andererseits ist da viel jugendliche Power: Deniss Smirnovs, Simon LeCoultre oder Guillaume Maillard sind alle zwischen 20 und 22 Jahre alt. Integraler Bestandteil der «jungen Wilden» ist der 21-jährige Neuzugang Marco Miranda.

Miranda: Meister und Nationalspieler

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Marco Miranda zählt zu den wenigen Spielern im Servette-Kader, die sich Schweizer Meister nennen dürfen. 2017/18 war der damalige ZSC-Flügelstürmer 19 Jahre jung, als er die Meistertrophäe in die Luft stemmte. Der bei den Lions ausgebildete Miranda debütierte beim Deutschland Cup 2018 im Nationalteam. Auf die Saison 2019/20 hin wechselte mit einem 3-Jahres-Vertrag mit Option auf ein weiteres Jahr zu den Genfern.

SRF Sport: Was hätten Sie gedacht, wenn Ihnen jemand vor der Saison erzählt hätte, dass Servette nach 34 Spielen an der Tabellenspitze der National League steht?

Marco Miranda: Ich weiss, was von den Medien vor dem Saisonstart geschrieben worden ist. Da kamen wir nicht gut weg. Von einer schwierigen Saison und den Playouts war die Rede. Ich habe aber nie daran gezweifelt, dass wir eine gute Mannschaft haben. Wir sind ein junges Team mit eher wenig Erfahrung, dazu aber auch einige Routiniers – eine gute Mischung.

Die Atmosphäre im Team ist sehr gut, das hilft auch auf dem Eis. Schon in der Vorbereitung zeichnete sich die Stimmung ab. Daher hatte ich keine Zweifel daran, dass wir erfolgreich spielen werden. Rang 1 hätte ich vielleicht nicht gerade erwartet.

Sie sprechen das junge Team an. Servette zeichnet in dieser Saison aus, dass eher unerfahrene Spieler wie Sie, Smirnovs, LeCoultre und andere tragende Rollen spielen. Wie nehmen Sie das wahr?

Es macht sehr viel Spass, auf und neben dem Eis. Die Stimmung ist ausgezeichnet. Ich finde es toll, dass der Klub uns Jungen die Chance gibt, diese Aufgabe zu erfüllen. Wenn man gewinnt, macht es natürlich noch mehr Freude.

Inwiefern ist die Handschrift von Trainer Patrick Emond erkennbar?

In der Defensivzone spielen wir mehr auf Zonen- als auf Manndeckung. Wir spielen, blöd gesagt, etwas «komplizierteres» Hockey. Wir versuchen mehr mit der Scheibe zu spielen, mehr zu kreieren. Der Spielstil ist nicht zu simpel, aber auch nicht zu kompliziert, ein Mischmasch.

Mal ins Welschland – für mich als ‹Züri-Chind› eine neue Herausforderung.

Spieler werden nie müde zu betonen, dass die Tabelle nur eine Momentaufnahme sei. Hand aufs Herz: Wovon träumt man als Servettien momentan?

Träumen tut man immer vom Meistertitel. Ich konnte ihn vor 2 Jahren mit dem ZSC gewinnen. Geschenkt wird einem der Pokal nie. Es ist ein langer Weg, der Fokus sollte weiterhin auf der Qualifikation liegen. Zu weit nach vorne schauen ist nicht gut, träumen darf man immer.

Sie haben vergangene Saison alle 50 Spiele für die ZSC Lions absolviert und gelten als eines der grössten Talente ihres Jahrgangs. Wieso fiel Ihre Wahl auf Genf?

Da kamen mehrere Faktoren zum Zug. Ich habe mir Zeit genommen, mich sehr gut informiert. Genfs Plan, auf jungen Spielern aufzubauen, war mir bekannt. Den Umschwung sah ich als gute Möglichkeit für mich. In Genf gibt es viel zu sehen, eine Riesenstadt. Auch, dass die Mannschaft viel miteinander unternimmt, hatte einen Einfluss. Mal ins Welschland – für mich als «Züri-Chind» eine neue Herausforderung.

Video
Bei 1:5 in Zug: Mirandas 1. Treffer im Servette-Dress
Aus Sport-Clip vom 01.10.2019.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 10 Sekunden.

In Genf haben Sie einen 3-Jahresvertrag mit Option auf eine weitere Saison unterschrieben. Danach sind Sie im besten Hockey-Alter. Wie soll es dann weitergehen?

Soweit plane ich nicht. Ich mache mir da grundsätzlich keine Gedanken und bin für den Vertrag hier dankbar. Ich kann mich jetzt einfach aufs Leben und aufs Hockey konzentrieren. Das ist genau das, was ich wollte. Was danach kommt, keine Ahnung. Ich bin schon froh, wenn ich weiss, was ich zum Z’nacht esse (lacht).

An der Heim-WM dabei zu sein wäre genial.

Sie gelten als exzellenter Skater, Chris McSorley bezeichnete Sie als hochveranlagt. Wo gibt es noch Verbesserungspotenzial?

Technisch kann man sich tagtäglich verbessern. Das Spiel im Kopf ist auch wichtig: Wo bewege ich mich hin? Welche Entscheidung treffe ich in einer Situation? Ausloten können, wann der richtige Moment ist, etwas zu versuchen. Mentale Stärke ist ein Thema bei mir. Den Fokus zu halten, wenn es mal nicht so läuft. Dort kann ich mich noch verbessern.

Sie sind in Topform und in genau 4 Monaten steht die Heim-WM vor der Tür …

Das ist korrekt (lacht)! Dessen bin ich mir natürlich bewusst. Die WM rückt immer näher. Es geht natürlich Hand in Hand mit meiner Leistung. Die Konkurrenz ist sehr gross. Es gibt einige, die immer wieder dabei waren, an den grossen Turnieren aber zuhause bleiben mussten. Es braucht sehr viel, um es ins Team zu schaffen, dabei zu sein wäre genial. Ich konzentriere mich auf die Liga. Was nach der NL-Saison kommt, hängt davon ab, wie ich spiele.

Das Gespräch führte Pascal Roganti

Sendebezug: SRF zwei, sportpanorama, 05.01.2020, 18:15 Uhr

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