Am kommenden Dienstag beginnt die Saison in der National League. Der Titelverteidiger ZSC Lions geht aus der Pole Position ins Meisterrennen, aber auch der letztjährige Finalist Lausanne, Zug oder auch Champions-Hockey-League-Sieger Genf-Servette werden ein Wörtchen um den Titel mitreden wollen.
Die Klubs haben sich im Sommer mit nicht weniger als 25 neuen Ausländern verstärkt. Wir haben mit dem SRF-Eishockey-Experten Christian Weber über die besten Transfers, das Phänomen der «Rentenverträge» und die Titelfavoriten gesprochen.
SRF Sport: Gibt es einen neuen Importspieler, den man besonders auf der Rechnung haben sollte?
Christian Weber: Einen einzelnen Namen zu nennen ist schwierig. Ich bin der Meinung, dass es unglaubliche Qualitätsspieler in dieser Liga hat. Lugano und Genf-Servette haben sich mit Top-Ausländern verstärkt. Es wird spannend sein, welche ihr Potenzial dann auch abrufen können.
Welchem Klub sprechen Sie das beste (Transfer-) Zeugnis aus?
Jeder hat das bestmögliche aus seinem Budget herausgeholt. Am Ende sind es natürlich immer die gleichen Klubs, die vorne mitspielen sollten. Ich sehe die ZSC Lions und Genf-Servette ganz weit vorne. Der EVZ will wieder einen Schritt nach vorne machen und natürlich dürfen wir Finalist Lausanne nicht vergessen. Alle werden versuchen, die Lions zu entthronen. Es gibt nichts Schöneres, als dem Titelverteidiger ein Bein zu stellen.
Die beiden letztjährigen Finalisten haben eine unterschiedliche Strategie verfolgt. Die Lions haben fast keine Wechsel getätigt, Lausanne hat fünf neue Ausländer geholt. Welche Option ist erfolgsversprechender?
«Never change a winning team» lautet meine Devise. Die Lions haben lange auf den Titel hingearbeitet. Sie haben eine unglaubliche Organisation auch mit den vielen jungen Spielern, die letztes Jahr eine Chance bekommen haben. Wenn irgendetwas passiert, können sie einen Nachwuchsspieler raufholen. Das ist natürlich eine unglaubliche Ausgangslage für Trainer Marc Crawford. Bei einem Worst Case könnte man immer noch auf dem Transfermarkt etwas machen.
Welches Team hat noch Nachholbedarf?
Ich denke, jedes Team hat seine Hausaufgaben gemacht, die Liga wird vor allem gegen hinten ausgeglichener sein. Es dürfte einen rechten Kampf um die Plätze 13 und 14 geben. Ajoie hat sich für seine Möglichkeiten sehr gut verstärkt, vor allem auch auf der Ausländerposition. Zudem haben sie Benjamin Conz zurückgeholt, das dürfte auch für einen Aufschwung sorgen. Kloten hat ein schwieriges Jahr hinter sich, sie sind im Neuaufbau mit einem neuen Trainer. Auch auf den Plätzen 10-12 scheint mir alles sehr eng.
Die Klubs setzen in jüngster Vergangenheit vermehrt auf Skandinavier auf der Ausländerposition statt Nordamerikaner. Wieso ist das so?
Das hat sicher etwas mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Der schwedische Verband hat ein Abkommen mit den Spielern, das ein Aufgebot für die Nationalmannschaft verunmöglicht, solange man in der KHL spielt. Da ist die Schweiz als Alternative natürlich prädestiniert.
Wenn es nicht so läuft, ist schnell der Vorwurf im Raum, dass der Spieler nicht mehr jedes Spiel 100 Prozent für seinen aktuellen Klub gibt, weil er sich nicht verletzen will.
Ein paar Ausländer haben innerhalb der Liga gewechselt. Wer wird seinem Ex-Klub besonders wehtun?
Für mich ist das Markus Granlund. Er hatte nicht die beste Saison in Lugano, aber er ist ein hervorragender Spieler, der seinem neuen Klub Genf-Servette extrem helfen wird.
Gibt es einen Schweizer Transfer, den es hervorzuheben gilt?
Lugano will ich hier in den Vordergrund stellen. Mit dem Zuzug von Joren van Pottelberghe setzt man nun auf zwei Schweizer auf der Goalieposition, das ist auch für die Nationalmannschaft ein gutes Zeichen. Dann haben sie auch den sehr begehrten David Aebischer an Land gezogen, der an die Tür der Nati klopft.
Beide Wechsel sind schon fast seit einem Jahr bekannt. Was halten Sie von diesen vorzeitigen Transfers?
Ich bin kein grosser Fan davon, obwohl sich das in den letzten Jahren ein bisschen eingebürgert hat. Für die Klubs und Spieler gibt das Planungssicherheit, aber ich habe Mühe damit, wenn man bereits einen Vertrag für übernächste Saison unterschreibt. Wenn es nicht so läuft, ist schnell der Vorwurf im Raum, dass der Spieler nicht mehr jedes Spiel 100 Prozent für seinen aktuellen Klub gibt, weil er sich nicht verletzen will.
Sven Andrighetto und Andrea Glauser haben in diesem Sommer «Rentenverträge» unterschrieben. Ist das ein neues Phänomen?
Ja, das kommt aus der NHL, früher galten hier Dreijahresverträge schon als lang. Wenn ein Klub einen begehrten Spieler unbedingt halten will, dann bietet man ihm solche Verträge an. Für den Spieler bietet dies enorme Planungssicherheit. In den Salären gibt es natürlich Abstufungen. Im sechsten Vertragsjahr ist der Lohn nicht mehr gleich hoch wie noch im ersten.