Ein bekannter Streaming-Dienst brachte vor noch nicht allzu langer Zeit eine Doku-Serie zur unvergleichlichen Dynastie der Chicago Bulls rund um Michael Jordan in den 90er-Jahren heraus. Ihr Titel: «The Last Dance», der letzte Tanz. Es wäre in jeder Beziehung vermessen, die damalige Situation der Bulls mit der aktuellen Situation der Rapperswil-Jona Lakers zu vergleichen.
Doch der Titel, er passt wie die Faust aufs Auge zur Geschichte, welche die St. Galler in den letzten 2 Wochen geschrieben haben. Eine Geschichte, die aus Sicht der Lakers noch weitergehen soll. Und mittlerweile erscheint dies gar nicht mehr so unwahrscheinlich.
Tomlinsons grosser Einfluss
Nach dieser Saison endet am Obersee eine Ära. Trainer Jeff Tomlinson muss den Klub nach 6 Jahren verlassen. Seit seiner Ankunft 2015 hat der Deutsch-Kanadier die Lakers Saison für Saison weiterentwickelt. Seinen Platz in den SCRJ-Geschichtsbüchern hat sich Tomlinson spätestens mit dem «Triple» in der Saison 2017/18, bestehend aus Swiss-League-Titel, Cupsieg und Aufstieg in die National League, gesichert. In seiner Abschiedssaison schafften die Lakers erstmals seit 2008 den Sprung in die NL-Playoffs.
Welch hohes Standing Tomlinson in Rapperswil-Jona geniesst, zeigte sich nicht zuletzt nach Bekanntgabe seiner Nicht-Verlängerung. Viele Fans konnten und können den Entscheid der Klub-Verantwortlichen nicht nachvollziehen. Auch manch Spieler identifiziert sich mit Tomlinson. So etwa Goalie Melvin Nyffeler, der einen ganz speziellen Draht zum 50-Jährigen hat.
Widrigkeiten als zusätzlicher Antrieb
Auf eine andere Ebene brachte das Verhältnis zwischen Trainer und Spielern auch Tomlinsons Nierenkrankheit. Trotz erfolgreicher Organ-Transplantation im Jahr 2019 bleiben dem «Rappi»-Coach Rückschläge nicht erspart. Zuletzt verpasste Tomlinson Spiel 1 der Playoff-Viertelfinalserie auswärts gegen Lugano. Der Klub nannte zwar keine genauen Gründe. Ein Zusammenhang mit der Nierenschwäche erscheint aber wahrscheinlich.
Am Donnerstag stand Tomlinson wieder an der Bande. Prompt glichen die Lakers die Serie mit einem überzeugenden Sieg aus. Und das ohne ihren Schlüsselspieler Roman Cervenka, der sich in Spiel 1 verletzt hatte. Die Umstände sind alles andere als einfach für Rapperswil-Jona. Doch es beschleicht einem das Gefühl, die ganzen Widrigkeiten würden den Zusammenhalt in der Mannschaft noch stärker akzentuieren.
Die Spieler sind bestrebt, ihrem scheidenden Coach den bestmöglichen Abschluss einer erfolgreichen Ära zu bescheren. Dafür würden sie durchs Feuer gehen. Ein letzter Tanz halt.