Der «Shark Tank» – das Haifischbecken, so wird die Arena der San Jose Sharks auch genannt – ist für Timo Meier längst zu einem Zuhause geworden. Aktuell bestreitet der Herisauer bereits seine 7. Saison in der besten Eishockey-Liga der Welt.
Ein anderes NHL-Trikot als jenes der Sharks hat der 26-Jährige in seiner Laufbahn noch nie getragen. Das könnte sich schon bald ändern, doch dazu später mehr. Ein Interview über hohe Erwartungen, falsche Annahmen und mühsame Gegenspieler.
SRF Sport: Circa ein Drittel der Regular Season ist durch. In 30 Partien haben Sie 27 Skorerpunkte gesammelt. Persönlich läuft es Ihnen sehr gut. Einverstanden?
Timo Meier: Schwer zu sagen, da wir mit der Mannschaft noch viel Luft nach oben haben. Vor allem der Saisonstart war nicht gut. In den ersten 10 Spielen konnte ich kaum punkten. Aber bei mir steht ohnehin immer die Mannschaft im Vordergrund. Schliesslich ist und bleibt es ein Teamsport. Mir läuft es persönlich gut, wenn es auch dem Team gut läuft.
Sie spielen in der 1. Sturmlinie und sind der Zielspieler in der 1. Powerplay-Formation. Von einer solchen Rolle träumt doch jeder Stürmer?
Genau deshalb bin ich auch noch nicht richtig zufrieden mit mir. Wenn du so viel Eiszeit bekommst, willst du der Mannschaft auch zum Erfolg verhelfen. Bei mir muss noch mehr kommen, damit wir als Team regelmässig Punkte holen können.
Wie bei so manchen NHL-Teams gab es auch bei den Sharks im Sommer eine Trainer-Rochade. Auf was legt David Quinn besonderes Augenmerk?
Er ist sehr detailversessen und mit Sicherheit kein «Old-School-Coach». Er sucht den ständigen Austausch mit den Spielern. Hockeytechnisch fordert er eine hohe Laufintensität. Das Ziel ist es, viel Druck auf den Gegner aufzubauen – mit und ohne Scheibe.
Ein Playoff-Platz liegt aktuell in weiter Ferne (San Jose ist das fünftschlechteste Team der Liga, Anm. d Red.). War dies zu befürchten?
Das Ziel zu Beginn der Saison sind immer die Playoffs. Klar, mit unserem schwachen Start haben wir es uns nicht einfach gemacht. Aber die Saison ist noch sehr lang, die wichtigsten Phasen liegen noch vor uns. Das Ziel haben wir noch lange nicht aufgegeben.
Und wie lautet Ihr persönliches Saisonziel?
Ich war noch nie einer, der sich eine bestimmte Anzahl Skorerpunkte als Ziel setzt. Mir ist es wichtig, dass ich mich jeden Tag verbessern kann.
In den US Sports mit dem Draft-System taucht in der Berichterstattung immer mal wieder der Begriff «tank» auf. Demnach sollen Teams mit geringen Chancen auf den Stanley Cup absichtlich schlecht abschneiden, um die Chance auf einen hohen Draft-Pick zu erhöhen – eine Investition in die Zukunft, sozusagen. Hören Sie das Wort «tank» gerne?
Nein! Jeder, der Sport betreibt, hasst es zu verlieren – ich sowieso. Wenn Aussenstehende behaupten, wir würden absichtlich verlieren, um an einen hohen Draft-Pick zu gelangen, ist das eine Extra-Motivation für uns. Wir wollen dann umso mehr das Gegenteil beweisen.
Ihr 4-Jahres-Vertrag läuft Ende Saison aus. Je besser Sie in den kommenden Monaten performen, desto lukrativer werden die Angebote sein. Nehmen Sie diese Gedanken mit auf das Eis?
Klar, die Vertragssituation ist immer im Hinterkopf. Doch man muss professionell genug sein, um diese Gedanken während dem Spiel auszublenden und nicht zu stark darüber nachzudenken. Denn sonst wird es enorm schwierig, die bestmögliche Leistung zu erbringen.
Wo spielt Timo Meier ab nächster Saison?
Dazu kann ich noch nichts sagen. Früher oder später werde ich eine Entscheidung treffen müssen. Aktuell gilt der Fokus aber voll und ganz der laufenden Saison mit den Sharks.
Nach mittlerweile über 400 NHL-Spielen weiss man in der Liga über Ihre Stärken und Schwächen Bescheid. Welcher Verteidiger bereitet Ihnen am meisten Kopfzerbrechen?
Aktuell sicher Cale Makar von den Colorado Avalanche. Als herausragender Schlittschuhläufer ist er ständig in Bewegung, zudem ist er mit seinen Täuschungen für mich als Flügelstürmer sehr schwer zu decken.
Und wie heisst der beste Spieler, gegen den Sie je gespielt haben?
Connor McDavid. Mit seinem Speed und seiner Finesse ist er kaum zu verteidigen. Er hat unzählige Möglichkeiten, um dich alt aussehen zu lassen.
Das Gespräch führte Marco Löffel.