Am 5. Oktober wurde Reto Berra von den Florida Panthers in die AHL abgeschoben. Damit war klar, dass beim Saisonstart erstmals seit 17 Jahren kein Schweizer Goalie in einem NHL-Team figurieren wird. Nach erfolgreichen Jahren mit David Aebischer, Martin Gerber oder Jonas Hiller ein herber Rückschlag für das Schweizer Eishockey.
Der Schweizer NHL-Scout Thomas Roost bringt es auf den Punkt: «Die Schweiz hat definitiv ein Goalie-Problem. Es gibt zwar solide Keeper. Aber im internationalen Vergleich gibt es derzeit keinen, der in der ersten oder zweiten Reihe steht.» Da aktuell keine Toptalente nachstossen, werde sich dies in naher Zukunft auch nicht ändern.
Die Goalies werden heute ganz anders ausgebildet.
Die Gründe für diese negative Entwicklung seien schwierig zu finden. «Es kann auch einfach Pech sein. Mal gibt es bessere, mal weniger gute Jahrgänge.» Ein entscheidender Ansatzpunkt ist laut Roost die Ausbildung: «In diesem Bereich ist international sehr viel passiert, die Goalies werden heute ganz anders ausgebildet, ganz andere Sachen sind wichtig als noch vor wenigen Jahren.»
Der Goalie-Typ in der NHL hat sich in den letzten Jahren verändert. Nicht mehr die sogenannten Reaktion- und Reflexgoalies sind gefragt, sondern diejenigen, die antizipieren und das Spiel lesen können. Auch im physischen Bereich gibt es ein Idealbild: «Die Top-Leute sind im Durchschnitt 1,90 Meter gross, stark, mobil und schnell. Solche Keeper gibt es in der Schweiz kaum.»
Es drängt sich derzeit einfach keiner auf.
Hinzu kommt, dass gerade auf der Goalieposition die Konkurrenz riesig ist. Die Zahl an guten Torhütern ist riesig, diejenige an Arbeitsplätzen in der besten Liga der Welt aber gering. Den Schweizern fehlt derzeit das gewisse Etwas, um in Nordamerika bestehen zu können. «Es gibt Goalies aus der NLA, die in der NHL über wenige Spiele nicht abfallen würden. Aber es drängt sich derzeit einfach keiner klar auf.»
Es braucht sehr viel Biss und Willen.
Einer der weiss, was es braucht, ist Martin Gerber. Der aktuelle Goalie des EHC Kloten spielte sieben Jahre in der NHL und holte 2006 mit Carolina den Stanley Cup. «Es braucht sehr viel Biss und Willen, eine gute Portion Talent und Robustheit. Man muss einstecken können und immer wieder aufstehen.» Und Gerber hat einen Ratschlag parat: «Es ist wichtig, dass du hier viel Spielpraxis hast auf hohem Niveau. Wenn man das schafft, hat man ein sehr gutes Rüstzeug.»
Sendebezug: SRF 1, Abendbulletin, 10.10.16