Es ist eine Geschichte, die zu dieser verrückten WM 2023 passt. Am vergangenen Dienstag trifft Co-Gastgeber Lettland im Hexenkessel von Riga im letzten Gruppenspiel auf den vorzeitigen Gruppensieger, die Schweiz.
Wie schnell sich die Zeiten ändern
Zum Zeitpunkt des ersten Puckeinwurfs ist klar: Die Letten brauchen mindestens einen Punkt, um die K.o.-Phase zu erreichen. Die Nati schont ihre besten Spieler für den Viertelfinal gegen Deutschland, liegt 6 Minuten vor Schluss aber dennoch mit 3:2 vorne. Kaspars Daugavins, ein ehemaliger Genf- und SCB-Stürmer, gleicht für das Heimteam noch aus und sorgt für totale Ekstase in der Arena Riga. Lettland gewinnt 4:3 n.V. und jubelt über die Viertelfinal-Qualifikation.
5 Tage nach besagtem Drama befinden sich die Schweizer Spieler bereits seit geraumer Zeit in den Ferien, während Lettland in Tampere das Undenkbare schafft und Bronze gewinnt – die erste lettische WM-Medaille überhaupt.
«Schweiz» hat doch noch ihre Medaille
Damit hat es sich aber noch nicht mit der Schweizer Beteiligung an der lettischen Sensation. Im WM-Kader der Balten figurieren gleich 4 Spieler, die ihr Geld in der Schweiz verdienen. Ronalds Kenins (Lausanne), Deniss Smirnovs (Genf-Servette) und Ivars Punnenovs (SCL Tigers) in der National League, Toms Andersons (La Chaux-de-Fonds) in der zweitklassigen Swiss League.
Auch der gefeierte Trainer Harijs Vitolins hat eine besondere Beziehung zur Schweiz. Der 55-Jährige absolvierte den grössten Teil seiner Spielerkarriere in der Schweiz, zudem stand er in der Saison 2018/19 beim HC Davos an der Bande, nachdem Kultcoach Arno Del Curto beim HCD gehen musste. Vitolins wohnt seit fast 30 Jahren in der Schweiz, wo er auch alle Trainer-Lizenzen erwarb.
Das ganze Spiel in Überzahl
Der Jubel nach dem Overtime-Winner im Bronze-Spiel kannte bei Lettland keine Grenzen. Auch nachdem sie die Medaillen um den Hals gelegt bekommen hatten, rangen die Protagonisten noch nach Worten: «Ich weiss gar nicht, was ich sagen soll», so La-Chaux-de-Fonds-Stürmer Andersons.
Etwas gefasster erschien der Baumeister zum Interview. Neben seinen Spielern lobte Vitolins auch die lettischen Fans, welche die Partie zu einem Heimspiel für den Co-Gastgeber verwandelten. «Wir haben die komplette Partie in Überzahl gespielt. Die Fans waren der 6. Mann. Diese Medaille gehört ganz Lettland.»
Und wie wir nun wissen: Auch ein kleines bisschen der Schweiz.