Real Madrid ist drauf und dran, eine Saison zu krönen, die sich als schwierig angekündigt hatte. Obwohl die «Königlichen» infolge eines Stolperers des FC Barcelona bei Girona unerwartet schon am Samstag den 36. Meistertitel eintüteten, sind sie aber noch nicht am Ziel angelangt.
8 Tage nach dem Hinspiel in München (2:2) will das «Weisse Ballett» im erneuten Duell mit dem abgelösten Bundesliga-Primus Kurs halten bei seiner Mission, nach einem Jahr Abwesenheit den Champions-League-Thron zurückzuerobern. Aus diesem Grund mussten die ersten Feierlichkeiten hintanstehen. «Die Freude hält sich in Grenzen, denn wir haben ein sehr wichtiges Spiel vor uns. Wir müssen uns erholen», hob Trainer Carlo Ancelotti den Mahnfinger.
Zurückhaltung ganz generell macht die Ausgabe 2024 der Madrilenen aus. Hatte man in der Vergangenheit nicht selten spielerische Probleme für zig Millionen auf dem Markt lösen wollen, fiel die letzte Transferperiode erstmals seit 4 Jahren aus finanzieller Sicht für den spanischen Klub negativ aus.
Diesmal eher mit Geschick statt Geld
Selbstredend ist das Attribut zurückhaltend im relativen Sinn gemeint. So war im Sommer 2023 Jude Bellingham für über 100 Millionen Franken von Dortmund nach Madrid gekommen. Doch verglichen mit dem Halbfinal-Widersacher Bayern hielten sich die Ausgaben für neues Personal zuletzt insgesamt effektiv im bescheidenen Rahmen.
Stattdessen ist das Kader vornehmlich geschickt ergänzt worden: Die einzigen weiteren grösseren Investitionen neben Bellingham – in Aurélien Tchouaméni und Eduardo Camavinga – haben sich ausbezahlt. Und für die nächste Saison steht mit Goalgetter Kylian Mbappé einer in den Startlöchern, der ablösefrei kommen soll.
In dieser Saison kommt Real Madrid ohne einen überragenden Mittelstürmer aus, ohne einen Torgaranten wie früher Cristiano Ronaldo oder Karim Benzema. Die Treffer fallen trotzdem, weil Ancelotti scheinbar für jedes Problem eine Lösung findet.
Solides Handwerk statt Zauberfuss
Offensiv fand der 64-Jährige taktische Mittel, um seine nun besten Torschützen Vinicius Junior und Bellingham gut in Szene zu setzen. Und in der Verteidigung schaffte er es, die über den Grossteil der Saison verletzt ausgefallenen Thibaut Courtois, David Alaba und Eder Militao zu ersetzen. Unter anderen lancierte Ancelotti den zum Innenverteidiger umfunktionierten Tchouaméni sowie den langjährigen ukrainischen Ersatzkeeper Andrij Lunin.
Die Mannschaft zog immer mit dem Coach mit, auch im Viertelfinal gegen Manchester City, als die Madrilenen einen Grossteil der gut 210 Minuten damit verbracht hatten, dem Ball hinterherzurennen und Räume zuzulaufen. Ihr Lohn: Vor dem 50. Match der Saison am Mittwochabend stehen sie bei 38 Siegen, 9 Unentschieden und erst 2 Niederlagen (beide gegen Atletico Madrid).
Ancelotti steht für eine bemerkenswerte Gelassenheit. Etwas von seiner positiven und zurückhaltenden Art hat der Italiener auf die Mannschaft übertragen. Solidarität, Konstanz und Stabilität stehen im Vordergrund. Während in München beim oft so verlässlichen FC Bayern die Saison einer Achterbahnfahrt gleicht, überlässt Real Madrid zur Not das Zaubern auch mal den anderen. Spät am Mittwoch wird sich weisen, welcher Weg zum Erfolg führt – zumindest im Kampf um den «Henkelpott»-Finaleinzug.