Wie sehr sich doch die Welt in 45 Sekunden verändern kann. Eben noch lag Christian Fassnacht neben der Seitenlinie rücklings auf dem Boden, die Hände enttäuscht vor das Gesicht geschlagen. Er hatte im CL-Spiel gegen Manchester United mit letztem Einsatz einen Einwurf für die Gäste verhindern wollen – vergeblich. Die Matchuhr im Wankdorf zeigte 93:33 an.
45 Sekunden später sprintete Fassnacht von Glücksgefühlen übermannt mit seinen Teamkollegen über das halbe Feld, um Siegtorschütze Jordan Siebatcheu hinter dem United-Tor zu herzen. YB hatte die Sensation geschafft und den grossen Favoriten aus Nordengland mit 2:1 geschlagen. Das Stadion stand Kopf.
Lass uns alles nach vorne werfen.
Dass es so weit kommen konnte, lag am unermüdlichen Kampfgeist und Offensiv-Drang der Berner. Sie hätten sich in der Schlussphase auch mit dem 1:1 zufriedengeben können. Schliesslich wäre dies bereits ein grosser Erfolg gewesen. Doch YB spielte mutig weiter nach vorne und wollte den Sieg.
Die Marschrichtung «Offensive pur» wurde nicht von Coach David Wagner alleine vorgegeben, wie Fassnacht nach dem Spiel verriet. «Der Trainer fragte mich in der 80. (Minute): ‹Fassi, wollen wir auf Sieg spielen?› Und ich sagte: ‹Ja! Lass uns alles nach vorne werfen.›», sagte der Nati-Spieler.
So setzte es der Schweizer Meister – angeführt vom omnipräsenten Fassnacht – auch um und belohnte sich für seinen Mut mit dem 2:1 in der 95. Minute.
Für Wagner gibt es kein Halten mehr
Und jetzt war der bedingungslose Offensiv-Drang auch beim Coach zu sehen: Wagner sprintete mit sämtlichen Ersatzspielern von der Trainerbank Richtung Siegtorschütze Siebatcheu, den er zur Pause eingewechselt hatte. Dass er sich von seinen halb so alten Schützlingen nicht abhängen lassen musste, spricht für die Fitness (und Euphorie) des Deutschen.