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Das neue Brasilien Tites Taktik und die Essenz des «Jogo bonito»

Der erste Schweizer WM-Gegner ist seit dem Trainerwechsel wieder erstarkt. Doch die Brasilianer bleiben ihren Wurzeln treu.

Die 1:7-Blamage im WM-Halbfinal 2014 von Belo Horizonte gegen Deutschland hallte in Brasilien lange nach; das fussballverrückte Land stürzte in eine Depression. Doch statt mit Innovation auf den Tiefschlag zu reagieren, wurde mit Carlos Dunga ein Trainer alter Schule engagiert.

Neuanfang unter Scolaris ehemaligem Schützling

Nach der zweiten Blamage innert kurzer Zeit – die Brasilianer schieden an der Copa America 2016 bereits in der Gruppenphase aus – orientierte sich der Verband neu. Das Kommando übernahm im Juni 2016 Adenor Leonardo Bachi, den in den 1970er-Jahren sein damaliger Trainer Luiz Felipe Scolari in Verwechslung mit einem anderen Jungen irrtümlich Tite genannt hatte.

In Brasilien sind wir uns einen protzigeren, schöneren, kreativen Fussball gewöhnt.
Autor: Tite

Seitdem rettet Tite Brasiliens Prestige und «Jogo bonito», das «schöne Spiel». Bei seinem Amtsantritt stand der Rekordweltmeister in der Südamerika-Qualifikation mit nur 2 Siegen aus 6 Spielen auf Rang 6. Der 57-Jährige legte jedoch den Schalter um. Es folgte der Durchmarsch in der Kampagne mit 10 Siegen und 2 Unentschieden.

Die Philosophie des Motivators wird von einem ausgeprägten Ordnungssinn bestimmt, Brasilien ist defensiv gefestigt. Doch auch die Kreativität, in welche die Fans der Seleçao regelrecht vernarrt sind, kommt nicht zu kurz. «In Brasilien sind wir uns einen protzigeren, schöneren, kreativen Fussball gewöhnt», sagt denn auch Tite.

Die Essenz des brasilianischen Fussballs

Ex-Bundesliga-Profi Diego, der es nicht ins Kader für die WM 2018 geschafft hat, bekräftigt dies. «Jogo bonito ist am Leben und wird nie sterben.» Er bezeichnet den Stil als «Essenz des brasilianischen Fussballs».

Deshalb erstaunt es wenig, dass trotz defensivem Gewissen die Offensive das Prunkstück bleibt. Klar überragt Superstar Neymar, der sich offenbar rechtzeitig von seiner Verletzung erholt hat, alle. Doch im Gegensatz zu 2014 soll die Last auf mehrere Schultern verteilt sein.

Auswahl hat Tite genug: Da ist Juwel Gabriel Jesus, der für über 30 Millionen Euro zu Manchester City kam. Auch Philippe Coutinho (160 Mio.) und Paulinho (40 Mio.), für die Barcelona fast die gesamte Verkaufssumme von Superstar Neymar (222 Mio.) reinvestierte, sind glänzend aufgelegt. Mit dem neuen Brasilien ist in Russland definitiv zu rechnen.

Sendebezug: SRF zwei, sportaktuell, 10.6.2018, 19:30 Uhr

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