Inmitten der intensiven Vorbereitung auf das letzte Gruppenspiel an der Frauen-WM in Australien und Neuseeland blieb der Schweizer Nati doch noch Zeit, um an der Sandfly Bay in Dunedin Seelöwen zu beobachten. Ein grosses Vergnügen für Alisha Lehmann. Von der Bernerin, in Tägertschi nahe Münsingen ländlich aufgewachsen, ist bekannt, dass sie äusserst tierlieb ist.
Wenn es für die Schweiz am Sonntag um den Einzug in den Achtelfinal geht, solle man sich jedoch kein Beispiel an den recht trägen Seelöwen nehmen: «Ich würde sagen, wir müssen wie Löwinnen auftreten», so Lehmann. «Neuseeland wird im vollen Stadion aggressiv sein. Da müssen wir dagegenhalten.»
Gegen die Philippinen voll «in der Zone»
Für die flinke Flügelstürmerin ist es das erste grosse Turnier mit der Nati. Auf die EM im Vorjahr hatte sie noch verzichtet, mit der Begründung, sich «mental nicht bereit» zu fühlen.
Im Startspiel gegen die Philippinen feierte sie ihre WM-Premiere, als sie nach 69 Minuten für Ramona Bachmann eingewechselt wurde. Wie erlebte sie das? «Man ist so fokussiert, dass man gar nicht mitbekommt, dass es so ein grosses Turnier ist. Man ist so in seiner Zone.» Wenig fehlte zum absoluten Traumdebüt, aus einer Kopfballchance 8 Minuten nach der Einwechslung wäre beinahe das 3:0 und somit die Krönung des Einsatzes geworden.
Gegen Norwegen musste sich die 24-Jährige über die ganze Partie mit dem Platz auf der Bank begnügen. Gut möglich, dass Lehmanns Dynamik im Turnierverlauf noch wertvoll wird. Bei Aston Villa blickt sie auf eine erfolgreiche Saison zurück, gehörte beim Tabellen-5. zum Stammpersonal. In 42 Spielen gelangen ihr 6 Tore und 5 Assists.
Bier zapfen im Pub
Im Anschluss an die beiden WM-Partien bewies Lehmann viel Geduld. Noch lange nach Abpfiff stand sie für Selfie- und Autogramm-Wünsche bereit. Eine Selbstverständlichkeit für sie: «Wenn mich sogar so weit weg von zuhause Fans unterstützen, nehme ich mir gerne die Zeit.»
Auch ausserhalb des Stadions hat Lehmann bereits Spuren hinterlassen. Die Besucher eines Pubs in Dunedin dürften nicht schlecht gestaunt haben, als ihnen plötzlich beim Spiel USA - Niederlande von Lehmann höchstselbst ein Pint gezapft wurde. Hintergrund: Der Besitzer des Pubs hatte gefragt, ob er für ein Bild die Nati-Stürmerin am Zapfhahn ablichten dürfe. Lehmann sagte sofort zu.
Über 14 Millionen Follower
Bei der ersten Medienkonferenz nach ihrer Nati-Rückkehr hatte sie betont: «Ich bin zu 100 Prozent Fussballerin. Nur damit das klar ist.» Doch ihre Beliebtheit in den sozialen Medien ist zu gross, um das ausblenden zu können. In den letzten Tagen knackte sie, oft als «Fussball-Influencerin» bezeichnet, auf Instagram die unglaubliche Zahl von 14 Millionen Followern. Zum Vergleich: Roger Federer kommt auf knapp 12 Millionen. Bei Granit Xhaka sind es deren 3, bei Xherdan Shaqiri 2,8 Millionen.
Freilich, es ist eine finanzielle Einnahmequelle, wie es der Frauenfussball aktuell niemals sein könnte. Doch Lehmann hebt auch das Potenzial hervor, ebenjenen dadurch grösser zu machen: «Das ist auch für den Frauenfussball gut. Es bringt ihn weiter, wenn kleine Mädchen sehen, dass sie es auch schaffen können.»
Es sind zwei Welten, die sich nicht zwangsläufig ausschliessen. Sollte es Lehmann tatsächlich gelingen, gegen Neuseeland stark wie eine Löwin aufzutreten, würde das nicht nur die Nati weiterbringen, sondern ihre auch am anderen Ende der Welt beträchtliche Popularität.