Gross waren die Hoffnungen der Norwegerinnen an der EM 2022 gewesen, alte Glanzzeiten wiederaufleben zu lassen. Durch die Qualifikation war man spaziert, angeführt von Barcelonas Caroline Graham Hansen, der 521 Einsatzminuten genügten, um 10 Tore zu erzielen. Zudem kehrte Ada Hegerberg nach 5 Jahren ins Team zurück. Wegen der (finanziell) ungleichen Behandlung der (erfolgreicheren) Frauen gegenüber der Männer hatte sie der Nati 2017 den Rücken gekehrt.
Die Prämien wurden angeglichen, Hegerbergs Comeback blieb indes erfolglos, die glänzenden Aussichten wichen rasch harscher Ernüchterung. Ellen Whites berüchtigter Brillenjubel liess befürchten, was der Blick zur Anzeigetafel bestätigte: Gleich mit 0:8 gingen die Norwegerinnen gegen England unter.
Doch der harte Aufprall folgte erst wenige Tage später mit der überraschenden 0:1-Niederlage gegen Österreich. Noch 9 Jahre zuvor hatte man den EM-Titel nur nicht gewonnen (damals schon mit Graham Hansen und Hegerberg), weil Deutschlands Torfrau Nadine Angerer beim 1:0-Finalsieg zwei Penaltys parierte. Nun folgte das zweite EM-Vorrunden-Out in Serie. Das Ende eines freien Falls, der selbst Felix Baumgartner Tränen des Neids in die Augen treiben würde.
Riise: Innert 7 Jahren alles gewonnen
Der rasante Absturz kostete den Schweden Martin Sjögren den Trainer-Job und hievte eine Norwegerin ins Amt, deren Name als Synonym für Fussballgeschichte verwendet werden kann: Hege Riise. Von 1993 bis 2000 führte sie ihre Farben zu EM-, WM- und Olympia-Triumph. 2003 wurde sie zu Norwegens bester Fussballerin aller Zeiten ernannt. Auf ihr und Hegerberg ruhen die Hoffnungen, eine «Hege(r)monie» sozusagen.
Doch die beste Spielerin der WM 1995 übt sich in Understatement. In der Gruppe mit der Schweiz, Neuseeland und den Philippinen seien alle Teams «auf einem ähnlichen Niveau». Viele grosse Nationen hätten zuletzt grosse Summen an Geld in den Frauenfussball gesteckt. Folglich gelte für Norwegen: «Heute wieder in einen Final einzuziehen, ist so gut wie unmöglich geworden.»
Die Namen, mit welchen das norwegische Fussballschicksal am engsten verknüpft wird, bleiben dieselben: Hegerberg und Graham Hansen haben sich von Verletzungen erholt und sollen für Torgefahr sorgen. «Spielerinnen mit so einem Status verursachen beim Gegner immer Sorgen», ist sich Riise sicher. Dazu hofft sie auf Roma-Legionärin Sophie Roman Haug, deren Trainerin Riise beim Lilleström SK Kvinner war.
Barcelona-Duell Graham Hansen vs. Crnogorcevic
Vor allzu hohen Sprüngen warnt die Trainerin der «Grashüpfer». Doch alles andere als der Gruppensieg wäre für Norwegen eine Enttäuschung. Gewarnt sein muss auch die Schweiz. Doch immerhin hat die Nati Insider-Infos, wie Superstar Graham Hansen gestoppt werden könnte. Schliesslich balgt sich bei Barcelona Ana-Maria Crnogorcevic mit der norwegischen Edeltechnikerin um den Stammplatz auf der rechten Angriffsseite.