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Sportdirektorin der US-Liga Haenni: «... sonst wird es auch in Zukunft nichts»

Am Sonntag scheiterten die USA als Titelverteidigerinnen an der WM bereits im Achtelfinal. Kein Zufall.

Als Sportdirektorin der nordamerikanischen Profi-Liga hat Tatjana Haenni einen ganz besonderen Blick in den US-Fussball. Nach dem Achtelfinal-Out der US-Girls gegen Schweden an der WM in Australien und Neuseeland sieht die 57-Jährige grundlegende Probleme auf die vierfachen Weltmeisterinnen zukommen.

Haenni habe die USA vor der WM als Titelfavoritinnen auf dem Zettel gehabt, aber «man hat das Out schon ein bisschen kommen sehen. Es war nicht alles so gut, wie in anderen Jahren. Das ist jetzt ein Weckruf, dass die Entwicklung weltweit schnell vorangegangen ist. Die USA sind nicht mehr die einzige Top-Nation. Der Erfolg ist deshalb kein Selbstläufer mehr.»

Auch für die Schweiz sieht Haenni schwarz

Das WM-Team habe zwar über viel Talent, mentale und physische Härte verfügt. So habe man immer gedacht, «dass es schon gut kommt». Neben technisch-taktischen Fehlern des Trainerstabs, die man jetzt analysieren müsse, liegt das Übel für Haenni tiefer und ist grundlegend: In der Talententwicklung im amerikanischen Frauenfussball hakt es.

«Die Nationen, die jetzt ganz vorne dabei sind, sind diejenigen, bei denen zwischen Verband, Klub und Ligen ein einheitliches System herrscht. Sie haben eine Vision davon, wie das Land spielen will», erklärt Haenni und führt die Niederlande, Portugal oder Schweden als positive Beispiele an. Auf der anderen Seite sieht sie – neben den USA – auch auf Deutschland oder die Schweiz (neue) Probleme zukommen.

Die Crux mit dem College-System

In den USA kommt indes hinzu, dass mit dem College-System gar keine reale Talententwicklung existiert. Die Schweizerin erklärt die Problematik so: «Colleges sind in den USA enorm wichtig für die Ausbildung und die berufliche Zukunft. Sie sind auch ein hohes finanzielles Investment, das die Spielerinnen ‹geschenkt› bekommen. Aber die Qualität ist nicht da. Die Elite-Spielerinnen werden nicht entsprechend gefördert und kommen zu spät aus dem System raus.»

Ihr Plan ist es deshalb als Liga-Direktorin nun, gemeinsam mit dem Verband neue Strukturen anzuschauen. Talentförderung mit 2. Mannschaften, Junioren-Abteilungen oder Akademien, die bislang vernachlässigt werde, könnten helfen. «Sonst wird es auch in Zukunft nichts ...»

SRF zwei, sportlive, 06.08.2023 10:30 Uhr ; 

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