Die Stärkeverhältnisse
Die Frage nach dem Favoriten auf Platz 1 ist in der Gruppe E rasch geklärt. Die USA sind die Weltnummer 1, haben die beiden letzten Weltmeisterschaften gewonnen (2015 und 2019), dürfen sich Rekordweltmeisterinnen nennen (4 Titel) und haben seit der Einführung 1996 vier von sechs Olympischen Turnieren für sich entschieden. Bei bisher acht WM-Teilnahmen fuhr man am Ende immer mit einer Medaille nach Hause.
Vor vier Jahren in Frankreich trafen die Amerikanerinnen mit Schweden, Chile und Thailand auf vergleichbare Gegnerinnen und schlossen die Vorrunde mit 9 Punkten und 18:0 Toren ab. Die USA ist der grösste Titelfavorit und alles andere als Rang 1 in der Gruppe eine faustdicke Überraschung. An der Seitenlinie steht Coach Vlatko Andonovski unter Druck, denn seine Vorgängerin Jill Ellis holte in ihrer fünfjährigen Amtszeit zweimal (ungeschlagen) WM-Gold.
Die 2. Kraft in der Gruppe ist ganz klar die Niederlande. «Oranje» ist zwar erst zum 3. Mal (nach 2015 und 2019) an einer WM dabei, vor vier Jahren stürmten die Niederländerinnen unter der heutigen England-Trainerin Sarina Wiegman jedoch bis in den Final. Dort waren die USA am Ende zu stark (0:2). 2021 zwangen die «Löwinnen» im Olympia-Viertelfinal die Amerikanerinnen gar bis ins Penaltyschiessen, verloren aber abermals. Von elf Duellen mit den USA gewannen die Niederlande nur deren zwei – die ersten beiden 1991 und 1996.
Team | Fifa-Ranking | WM-Endrunden | Bestes WM-Abschneiden |
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USA | Nr. 1 |
9. (alle; 1991-2023) |
Weltmeister (1991, 1995, 2015, 2019) |
Vietnam | Nr. 32 |
1. (2023) |
- |
Niederlande | Nr. 9 |
3. (2015, 2019, 2023) |
Vize-Weltmeister (2019) |
Portugal | Nr. 21 |
1. (2023) |
- |
Die Niederlande dürften sich als Weltnummer 9 das Weiterkommen ebenfalls sichern. Denn Portugal (Nummer 21) und Vietnam (32) sind klar schwächer einzustufen. Die Portugiesinnen qualifizierten sich erstmals für eine WM-Endrunde – und dies auf dem längstmöglichen Weg. In den Playoffs mussten die Lusitanerinnen nicht weniger als drei K.o.-Runden überstehen. Mit Siegen gegen Belgien (2:1) und Island (4:1 n.V.) schaffte man es ins Entscheidungsspiel gegen Kamerun, welches in Neuseeland ausgetragen wurde. Dank einem Penaltytreffer in der 94. (!) Minute zum 2:1 löste Portugal das WM-Ticket.
Auch zu seiner WM-Premiere kommt Vietnam. Nach fünf gescheiterten Versuchen klappte es dank einem 2:1 im entscheidenden Playoffspiel gegen Taiwan endlich. «Ich wollte vor Emotionen explodieren», sagte Siegtorschützin Nguyen Thi Bich Thuy. Den Asiatinnen kommt in der Gruppe E aber nur die Rolle des krassen Aussenseiters zu. Einzig gegen Portugal könnte allenfalls etwas Zählbares herausschauen.
Die Partien
- Samstag, 22.07. – 03:00 Uhr USA - Vietnam (Auckland)
- Sonntag, 23.07. – 09:30 Uhr Niederlande – Portugal (Dunedin)
- Donnerstag, 27.07. – 03:00 Uhr USA – Niederlande (Wellington)
- Donnerstag, 27.07. – 09:30 Uhr Portugal – Vietnam (Hamilton)
- Dienstag, 01.08. – 09:00 Uhr Vietnam – Niederlande (Dunedin)
- Dienstag, 01.08. – 09:00 Uhr Portugal – USA (Auckland)
(alle Angaben Schweizer Zeit)
Die Köpfe auf und neben dem Platz
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Bild 1 von 12Legende: Alex Morgan (34/USA) Sie ist der grösste Star im Starensemble der Amerikanerinnen. Alex Morgan ist schon über 200 Mal für die USA aufgelaufen und darf sich (wie andere Teamkolleginnen auch) zweifache Weltmeisterin nennen. «Sie ist gemacht für die grossen Momente», sagt US-Trainer Vlatko Andonovski über Morgan. Imago/USA Today
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Bild 2 von 12Legende: Megan Rapinoe (38/USA) Sie ist nicht nur die älteste Spielerin im US-Team, sondern auch die schillerndste. Megan Rapinoe steht bei 199 Länderspielen (63 Tore) und nimmt kein Blatt vor den Mund. So bot sie auch dem früheren US-Präsidenten Donald Trump die Stirn. Imago/Zuma Press
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Bild 3 von 12Legende: Sherida Spitse (33/Niederlande) 216! So viele Länderspiele hat Sherida Spitse bereits für die Niederlande bestritten. Die 33-Jährige gehörte schon beim EM-Titel 2017 zum «Oranje»-Kader. Sie ist Captain der Equipe, Führungsspielerin und mit ihren gefährlichen Distanzschüssen ein Goalie-Schreck. Imago/ZUMA Press
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Bild 4 von 12Legende: Daphne van Domselaar (23/Niederlande) Die Erfahrung auf der Goalie-Position ist bei den Niederländerinnen überschaubar. Das Trio kommt zusammen bloss auf 21 Einsätze. 14 davon gehen auf das Konto von Daphne van Domselaar. Der Stern der Torhüterin ging an der letztjährigen EM auf. Seither ist die künftige Schlussfrau von Aston Villa die unbestrittene Nummer 1. Imago/Nico Herbertz
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Bild 5 von 12Legende: Ines Pereira (24/Portugal) Sie bringt den «Schweizer» Touch in die Gruppe E. Die Servette-Keeperin streitet sich mit Patricia Morais um die Nummer-1-Position im portugiesischen Tor. Gut möglich, dass Trainer Neto wie bei der EM 2022 beide Frauen einsetzen wird. Keystone/VINCE MIGNOTT
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Bild 6 von 12Legende: Jéssica Silva (28/Portugal) Jéssica Silva bestritt am 11. April gegen Wales ihr 100. Länderspiel und gehört zu den Führungspersönlichkeiten des Teams. Sie war bereits bei Olympique Lyon in Frankreich und bei Kansas City in den USA aktiv. Derzeit spielt sie für Benfica. Keystone/José Coelho
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Bild 7 von 12Legende: Huynh Nhu (31/Vietnam) Huynh Nhu ist nicht nur Captain der vietnamesischen Equipe, sondern auch die einzige Legionärin. Die 31-Jährige, die 2022 als erste Spielerin ihres Landes überhaupt ins Ausland gewechselt hat, stürmt für Länk Vilaverdense in Portugal. Für Vietnam hat sie in 101 Partien 67 Treffer erzielt. Imago/Xinhua
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Bild 8 von 12Legende: Tran Thi Kim Thanh (29/Vietnam) Die Torhüterin von Ho Chi Minh City war einer der Hauptgründe, dass sich Vietnam in den Playoffs durchsetzen und erstmals für die WM qualifizieren konnte. Ihre Reflexe auf der Linie werden auch in den Gruppenspielen gegen die Schwergewichte USA und Niederlande gefragt sein. Imago/Lobeca
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Bild 9 von 12Legende: Vlatko Andonovski (USA) Er hat 2019 ein sehr schweres Erbe angetreten. Seine Vorgängerin Jill Ellis holte in ihrer fünfjährigen Amtszeit zweimal (ungeschlagen) WM-Gold. Für Vlatko Andonovski und die USA ist auch 2023 nur der Titel gut genug. imago images/ZUMA Wire
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Bild 10 von 12Legende: Andries Jonker (Niederlande) Der 60-Jährige hat sich im Männerfussball einen Namen gemacht und dürfte Bundesliga-Fans noch von seiner Zeit als Wolfsburg-Trainer ein Begriff sein. Im September 2022 übernahm Jonker die «Oranje». Es ist sein erster Job bei den Frauen. IMago/ANP
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Bild 11 von 12Legende: Francisco Neto (Portugal) Seine bereits 10. Saison als Trainer der Frauen-Equipe Portugals nimmt Francisco Neto (41) in Angriff. 2017 und 2022 waren die Lusitanerinnen an der EM dabei, die erstmalige WM-Teilnahme ist auch für Neto das Karriere-Highlight. Imago/Shutterstock
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Bild 12 von 12Legende: Mai Duc Chung (Vietnam) Der 72-jährige Mai Duc Chung ist eine feste Grösse im vietnamesischen Frauenfussball. Dem A-Nationalteam steht er seit 7 Jahren vor. Imago/Beautiful Sports
Einige Fakten auf den Punkt gebracht
- Die USA können Geschichte schreiben: Italien 1938 und Brasilien 1962 gelang bei den Männern als einzigen Teams an der WM eine Titelverteidigung. Einen Titel-Hattrick hat es aber noch nie gegeben. Dies könnten nun den Amerikanerinnen als erste Equipe schaffen. Nach den Triumphen 2015 und 2019 sind sie auch 2023 der Kronfavorit auf Gold.
- Die Gefahr des «Stängelis»: Ein 1:12 (1999 gegen Nordkorea) und ein 0:11 (2015 gegen Australien) sind die höchsten Länderspiel-Niederlagen Vietnams. Es ist zu befürchten, dass es am 22. Juli gegen die USA in ähnliche Regionen geht. Zum Vergleich: An der WM 2019 in Frankreich schlugen die Amerikanerinnen Thailand (Weltnummer 44) mit 13:0.
- 69 Spiele mehr als Crnogorcevic: Mit 147 Länderspielen ist Ana-Maria Crnogorcevic die Schweizer Rekordhalterin. Dies ist aber kein Vergleich zur Länderspiel-Marke von Sherida Spitse (33). Die niederländische Mittelfeldspielerin steht bei sage und schreibe 216 Länderspielen. Nur drei noch aktive Spielerinnen sind erfahrener.
- Ein Hauch von Women's Super League: Mit Portugal ist auch eine Spielerin aus der Women's Super League an die WM gereist. Torhüterin Ines Pereira steht seit 2021 bei Servette Chênois zwischen den Pfosten.
Die Fortsetzung
Die Siegerinnen der Gruppe E bekommen es im Achtelfinal mit den Zweitplatzierten der Gruppe G (Schweden, Südafrika, Italien, Argentinien) zu tun. Die Zweitplatzierten treffen auf die Besten aus dem Pool G.