Zweimal chancenlos gegen Frankreich, dazwischen ein chaotischer Auftritt in Island. Für die Frauen-Nati gab es zuletzt nur wenig Grund, Selbstvertrauen zu tanken. Doch dank Frankreichs Überdominanz in der Nations-League-Gruppe ist vor dem letzten Spiel gegen Norwegen (ab 19:30 Uhr auf SRF zwei) noch (fast) alles möglich.
Wenngleich die Rechnung nicht ganz unkompliziert ist. Heruntergebrochen lässt sich sagen: Die Nati muss mit 2 Toren Differenz gewinnen und darauf bauen, dass Island nicht gegen Frankreich siegt. Dann katapultierte man sich auf Rang 2, was die Vermeidung der Abstiegs-Playoffs, damit den sicheren Klassenerhalt und in der Folge eine deutliche höher Chance auf die Qualifikation für die WM 2027 zeitigen würde.
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So kompliziert die Szenarien im Hintergrund, so simpel die Forderung, die Géraldine Reuteler an ihre Teamkolleginnen richtet: «Wir müssen aggressiver sein. Auch einmal ein Zeichen setzen, eine umhauen.» Das sei wohl ein Schweizer Problem, dass man mitunter zu lieb sei. Die offensive Mittelfeldspielerin war gegen Frankreich schmerzlich vermisst worden.
Beim verrückten 3:3 gegen Island hatte Reuteler lange wie die Matchwinnerin ausgesehen. Nach 71 Sekunden den Führungstreffer erzielt, das 2:0 aufgelegt – die 26-Jährige war der Motor des Schweizer Mittelfelds.
Doch nach einer Schwalbe musste Reuteler vorzeitig unter die Dusche, der Sieg geriet ins Wanken und wurde schliesslich verspielt. Und die gesperrte Frankfurt-Legionärin musste deshalb hilflos mitansehen, wie ihre Equipe von «Les Bleues» nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen wurde.
Die Affiche im Tourbillon ist in doppelter Hinsicht eine EM-Generalprobe. Schliesslich heisst der Gegner im Eröffnungsspiel einen Monat später abermals Norwegen. «Das ist schon sehr komisch, ich weiss nicht, ob das schon einmal passiert ist», meint Reuteler.
Während die Spielerinnen nach der Rückreise ins Wallis einen freien Tag zur Lüftung der Köpfe zur Verfügung hatten, stellte sich der Staff der komplizierten Denkaufgabe. «Wir haben viel diskutiert, gestritten, aber auch gelacht», schildert Pia Sundhage am Tag vor dem grossen «Final».
Wir wurden in die Ecke gedrängt. Wenn wir es schaffen, uns da herauszukämpfen, können wir es auch an der EURO schaffen.
Von ihrer Elf fordert sie eine andere Körpersprache als zuletzt. Mehr Aggressivität, mehr Risiko im Defensivbereich: «Es ist okay, einen Fehler zu machen, wenn man es beim nächsten Mal anders macht.» Zudem wolle man ein höheres Pressing aufziehen. Offensiv gehe es darum, den Ball nicht wieder so schnell herzuschenken, um zu Chancen zu kommen.
Den Spass habe sie trotz der Resultatkrise keineswegs verloren, lacht die Nationaltrainerin, sie nehme die Herausforderung an: «Es ist viel Druck da, aber ich sehe das positiv. Wir wurden in die Ecke gedrängt. Wenn wir es schaffen, uns da herauszukämpfen, können wir es auch an der EURO schaffen.»