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Estlands Nationaltrainer Häberli: «Wir können vielen Mannschaften wehtun»

Seit 2 Jahren ist Thomas Häberli Nationaltrainer von Estland. Der 48-Jährige hofft in der EM-Qualifikation auf eine Sensation.

Vom ländlichen Dorf Ballwil im Kanton Luzern zog Thomas Häberli samt Familie in die estnische Hauptstadt Tallinn. Vom 2000-Seelen-Dorf in die Metropole mit über 400'000 Einwohnern. Trotz der grossen Veränderung war für Häberli von Anfang an klar, dass er auch in das Land ziehen werde, in dem er als Nationaltrainer amtet.

Nach pandemiebedingter Verzögerung, Häberli konnte erst ein halbes Jahr nach Amtsantritt nach Estland reisen, ist er mittlerweile voll angekommen. Das liegt unter anderem auch am sportlichen Erfolg. Der 48-Jährige stabilisierte das Team, das zwischen 2019 und Anfang 2021 in 18 Spielen ohne Sieg geblieben war.

Offensiver eingestellt

Unter Häberli schaffte Estland in der Nations League souverän den Aufstieg von der untersten Spielklasse in die Liga C. In den 4 Spielen gegen San Marino und Malta feierte es 4 Siege. Der Hauptgrund für den Erfolg sieht Häberli in der mutigeren Ausrichtung: «Wir spielen mit 2 Stürmern, das ist wichtig. Weil wir sonst nicht die physische Präsenz haben.»

Die offensive Aufstellung hat zuerst durchaus auch für Kritik gesorgt – Estland könne doch nicht mit 2 Stürmern spielen. «Doch, das können wir», erklärte der Nationaltrainer. Zusätzlich dazu setzt Häberli auch auf Captain Konstantin Vassiljev auf der Zehner-Position. Auch dieser Schritt brauchte Überzeugungsarbeit, es sei nicht die estnische Kultur gewesen, so offensiv zu spielen.

Messi bleibt zu stark

Zu einem Highlight kam es für Estland im vergangenen Juni. Argentinien lud nach Spanien ins Testspiel ein. Trotz gedrängtem Programm – die Partie war zwischen zwei wichtigen Nations-League-Spielen angesetzt – nahm der Verband die Einladung dankend an. «Ein fantastisches Erlebnis», beschrieb Häberli diese Begegnung.

Vor 25'000 Zuschauern in Saragossa unterlag Estland dann gleich mit 0:5. Häberli sagte dazu: «Gegen Argentinien haben wir es eigentlich sehr gut gemacht, gegen Messi aber nicht so.» Tatsächlich war Lionel Messi der überragende Mann auf dem Platz und erzielte gleich alle 5 Treffer.

Sensationelle EM-Quali?

In diesem Jahr steht für Estland die Qualifikation für die EM 2024 an. In der schwierigen Gruppe mit Belgien, Österreich, Schweden und Aserbaidschan müssen die Esten Rang 2 erreichen, um bei der Endrunde in Deutschland dabei sein zu dürfen. «Die Gruppe ist zwar stark, aber wir sind das auch. Wir können vielen Mannschaften wehtun.»

Es wäre aber «eine Riesensensation», gibt Häberli zu. Dass es funktionieren kann, bewies nicht zuletzt Finnland, als es sich für die EM 2020 qualifizierte: «Wir schauen die Finnen als grossen Bruder an und hoffen, das Gleiche zu erreichen.»

Mögliche zweite Chance

Sollte Estland die EM-Qualifikation nicht im 1. Anlauf schaffen, bliebe noch immer ein Hintertürchen. Als Gruppensieger in der Nations League ist das Land zur Teilnahme an den Playoffs im Frühjahr 2024 berechtigt. Diese Möglichkeit hat auch Häberli bereits im Hinterkopf.

Dies, obwohl sein Vertrag als Nationaltrainer Ende des Jahres auslaufen würde. Aber Häberli sagt: «Diese beiden Spiele im nächsten Jahr will ich unbedingt noch mitmachen. Ich gehe nicht davon aus, dass Ende Jahr fertig sein wird.» Gut möglich also, dass der Luzerner noch länger in Estland weilen wird.

SRF zwei, sportflash, 12.01.2023, 22:40 Uhr ; 

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