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Philippinen statt Nati Randy Schneider: «Es war der optimale Zeitpunkt»

Mit dem FC Winterthur schaffte Randy Schneider sensationell den Klassenerhalt. Nach dem Saisonende in der Super League steht für den 23-Jährigen schon das nächste Abenteuer an. Mit den Philippinen will sich der Mittelfeldspieler für den Asien Cup 2027 qualifizieren. Im Interview erklärt er den Entscheid, für das Heimatland seiner Mutter aufzulaufen.

SRF Sport: Wie haben Sie die Tage nach der wundersamen Rettung, sprich dem Klassenerhalt, erlebt?

Randy Schneider: Es war eine riesige Freude. Ende März hatte das niemand mehr für möglich gehalten.

Der Kampf um den Klassenerhalt dürfte gerade mental viel Energie gekostet haben …

Natürlich ist der Abstiegskampf an die Psyche gegangen. Ich brauchte ein paar Tage, um das Ganze zu realisieren.

Randy Schneider beobachter von zwei Yverdon-Spielern
Legende: Schaffte mit dem FC Winterthur den Klassenerhalt Randy Schneider. Keystone/Christian Merz

Wie schafft man es, in dieser kurzen Zeit den Fokus bereits wieder nach vorne zu richten?

Die paar Tage dazwischen haben gut getan. Aber ich bin froh, wieder hier zu sein und Fussball spielen zu können.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, die Qualifikation für den Asien Cup 2027 in Saudi-Arabien zu schaffen?

Wenn man die Einwohnerzahl mit jener von unseren Gegnern vergleicht, dann müssten wir das eigentlich packen. Es wäre das zweite Mal nach 2019 für die Philippinen.

Wie kam es eigentlich zum Kontakt mit der Nationalmannschaft der Philippinen?

Das ist schon eine Weile her, da spielte ich noch in Aarau. Ehrlich gesagt, weiss ich gar nicht, wie sie auf mich gekommen sind. Plötzlich hatte ich Kontakt mit dem Trainer. Michael Kempter (Ex-GC und ebenfalls mit Wurzeln auf den Philippinen, die Red.) hat mich gefragt, ob ich für das Nationalteam spielen will. Es war damals noch etwas früh. Im März dieses Jahres habe ich mich dann dazu entschieden und habe es nicht bereut.

Ich würde uns als gute Challenge-League-Mannschaft einschätzen.

Sie haben in den Schweizer U-Nationalteams gespielt, nun ist die Türe in die Nati zu. Warum haben Sie sich für die Philippinen entschieden?

Die Nati hatte ich natürlich im Hinterkopf. Aber irgendwann muss man dann auch realistisch sein. In Anbetracht der Konkurrenz war die Nati schon weit weg.

Gab es keine Perspektive in der Schweiz?

Klar hätte ich noch ein paar Jahre warten können. Aber aufgrund der Chance, die sich mir mit dem Asien Cup bietet und der Erfahrung, die ich hier machen kann, war das für mich der optimale Zeitpunkt für diese Entscheidung.

Wie werden Sie auf den Philippinen wahrgenommen, als Einheimischer oder doch als «Ausländer»?

Nein, nein, das nicht. Hier haben alle zwei Pässe. Es gibt auch Deutsche im Team und es wird praktisch nur Englisch gesprochen. Ich hatte das Glück, dass Michael Kempter im März dabei war, denn ich bin eher ein schüchterner Typ. Die Leute haben mich aber sehr warmherzig aufgenommen. Es ist wie eine Familie hier.

Wie verlief der erste Zusammenzug im März?

Ich war positiv überrascht von der Organisation. Natürlich übernachten wir nicht im Luxus-Hotel. Aber es wird alles unternommen, damit wir unseren Job machen können.

Wie schätzen Sie das Niveau der Nationalmannschaft ein – gibt es ein grosses Leistungsgefälle innerhalb des Teams?

Kicken können alle, sonst wären sie nicht hier. Natürlich sind wir froh, dass wir beispielsweise einen Gerrit (Holtmann von Bochum, die Red.) haben. Ich würde uns als gute Challenge-League-Mannschaft einschätzen.

So qualifizieren sich die Philippinen für den Asien Cup

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18 von 24 an der Asien-Meisterschaft teilnehmenden Mannschaften stehen schon fest. In 6 Vierer-Gruppen werden die letzten 6 Tickets jeweils an den Gruppensieger vergeben. Die Philippinen treffen auf die Malediven, Tadschikistan und Timor-Leste.

Die Philippinen zählen über 7000 Inseln und 100 Millionen Einwohner. Wie ist der Fussball organisiert?

Der Staff ist riesig. Es gibt Leute, die nur die Flüge planen. Die Spieler aus Europa fliegen Business Class, die anderen Economy. Wir sind ausserhalb von Manila stationiert, haben ein Super-League-taugliches Stadion und einen super Trainingsplatz. Es ist wunderbar hier.

Welchen Stellenwert hat Fussball auf den Philippinen?

Wir kommen an dritter oder vierter Stelle, das ist so. Basketball und Volleyball haben die Nase vorn. Aber das habe auch ich mir zur Aufgabe gemacht, die Leute zum Fussball zu bringen. Hoffentlich entwickelt sich das weiter.

Bei Ihrem ersten Einsatz im Quali-Spiel gegen die Malediven (4:1) ist Ihnen ein Tor und ein Assist gelungen. Was war das für ein Gefühl?

Dass es gleich so gut läuft, hatte ich nicht erwartet. Das war natürlich eine grosse Freude. Beim Assist zum 2:0 fiel mir ein Stein vom Herzen, da wusste ich, dass es dank der frühen Führung viel einfach wird. Im Nationalteam kann ich etwas offensiver spielen als im Klub, habe etwas mehr Freiheiten. In Winterthur muss ich als Box-to-Box-Spieler etwas mehr verteidigen.

Am Dienstag wartet Tadschikistan, wie bereitet ihr euch auf die Partie vor?

Wir haben uns nochmals Szenen aus dem Spiel gegen die Malediven angeschaut, es gab auch Einzel-Videostudium. In den folgenden Tagen werden wir uns auch noch detailliert mit Tadschikistan befassen.

Die Teilnahme am Asien Cup ist in Reichweite, wie sieht es mit einer möglichen WM-Teilnahme aus?

Die Qualifikation für die WM ist natürlich schwieriger, aber auch dort greifen wir irgendwann an.

Das Gespräch führte Daniel Bossi. Mitarbeit: Dominik Steinmann.

SRF zwei, Sportflash, 08.06.2025 00:35 Uhr ; 

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