Guido Tognoni, könnte es bei der Präsidenten-Wahl wenigsten ein klein bisschen spannend werden?
Guido Tognoni: Nein, von Showdown kann da keine Rede sein. Es wird eine einfache Nummer für Sepp Blatter. Ich gehe davon aus, dass er schon im ersten Wahlgang durchkommt. Dafür bräuchte er zwei Drittel der Stimmen. Sollte Herausforderer Ali Bin Al Hussein 50 Stimmen holen, wäre das für ihn bereits ein sehr respektables Ergebnis.
Die Nehmerverbände haben überhaupt keinen Grund, Blatter abzuwählen
Die Gegner müssen sich also einzig darauf beschränken, nicht all zu krass zu unterliegen?
Krass wird es so oder so. Es ist heutzutage aufgrund der FIFA-Strukturen unmöglich, einen amtierenden Präsidenten zu stürzen. Der FIFA-Präsident sitzt dermassen fest im Sattel, weil er Gelder und lukrative Jobs vergeben kann. Vor allem die vielen Nehmerverbände, die eigentlich nichts zur Entwicklung des Fussballs beitragen, aber viel Geld von der FIFA bekommen, haben überhaupt keinen Grund, Blatter abzuwählen.
Die Herausforderer haben ihre Kräfte gebündelt, sie unterstützen Ali Bin Al Hussein. Hat das nichts gebracht?
Nein, das hat nichts gebracht. Man muss das Motiv der UEFA sehen, die ja Blatters Gegnerin ist. Die UEFA will verhindern, dass Blatter deutlich mit einer Standing Ovation und ohne Auszählen der Stimmen gewählt wird. Damit es immerhin eine minimale Debatte gibt. Die UEFA wusste, dass sie keine Chance haben wird, sonst wäre Michel Platini selbst angetreten. Dazu hatte er die Courage aber nicht.
Kritisiert wurde Blatter gerade kürzlich wieder von Michel Platini und Maradona. Der Argentinier bezeichnete ihn gar als «Diktator». Kostet das Blatter allenfalls die eine oder andere Stimme?
Nein, das kostet ihn keine Stimmen. Aber diese Aussagen sind typisch für das schlechte Ansehen der FIFA. Es zeigt, dass irgendetwas nicht stimmt. Der FIFA-Präsident sollte nicht dermassen umstritten sein und regelmässig mit Skandalen und Korruption in Verbindung gebracht werden.
Platini hatte nicht die Courage, selbst anzutreten
Würde sich das ändern, wenn Ali Bin Al Hussein Präsident würde?
Ich glaube, davon kann man ausgehen. Ali Bin Al Hussein ist ein Idealist. Er hat aber sowieso keine Chance, daher müssen wir gar nicht gross über ihn reden. Wichtiger wäre, eine Amtszeitbeschränkung einzuführen. Maximal 8 Jahre nach dem Beispiel des amerikanischen Präsidenten. Dies würde die Situation entkrampfen und zu einem besseren Ansehen der FIFA führen. Denn es ist sicher nicht so, dass von 8 Milliarden Menschen nur einer die Fähigkeit hat, die FIFA zu führen.