Nein, freundlich wurde Marcel Koller 2011 in Österreich nicht empfangen. Widerstand spürte der Zürcher praktisch von der gesamten Fussball-Prominenz «Austrias». Für ihn jedoch kein Problem, wie er rückblickend erklärt. «Ich habe die Unterstützung aus der Bevölkerung von Anfang an gespürt und habe versucht, das mitzunehmen», sagt Koller heute.
Die anfängliche Skepsis schlug schnell in Euphorie um. Koller gab dem zuvor blassen ÖFB-Team ein Gesicht und schaffte trotz starker Quali-Gruppe beinahe den Sprung an die WM 2014 in Brasilien. «Ob Vorarlberger oder Kärntner, heute stehen alle hinter der Nationalmannschaft», sagt der Schweizer nicht ohne Stolz.
Ein Korb für die Schweizer Nati
Sein Erfolgsrezept? Es lässt sich am besten mit Akribie und Hartnäckigkeit umschreiben. «Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn mir ein Spieler eine Frage zu einem Gegner stellt und ich diese nicht beantworten kann», sagt Koller beispielsweise. Oder: «Ich bin verbissen und versuche immer, meinen Weg zu gehen. Ich bin überzeugt von meinen Ideen. Meine Erfahrungen als Spieler und Trainer geben mir das nötige Selbstvertrauen.»
Nur allzu gerne hätte man den früheren GC-Spieler auch bei der Schweizer Nati an der Seitenlinie gesehen. Vor rund anderthalb Jahren wäre es beinahe soweit gekommen. «Es war ein sehr schwieriger Entscheid, dem Heimatland abzusagen. Aber ich musste Gefühle und Emotionen aussen vor lassen. Ich war noch nicht zufrieden mit dem Ergebnis in Österreich, ich habe noch mehr Potenzial gesehen», erklärt Koller.
Die Europameisterschaft vor Augen
Potenzial, das seine Mannschaft je länger je mehr ausschöpft. Österreich führt in der Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich die Gruppe G souverän an. Der Traum von der ersten WM- oder EM-Endrunde seit 2008 ist zum Greifen nah. Und was kommt danach? Das lässt Koller noch offen. Vielleicht hat er dann ja wieder etwas mehr Zeit für seine beiden grossen Hobbies - Golf und klassische Musik.
Sendebezug: Radio SRF 3, Focus, 20 Uhr, 27.04.2015.