Mainz wartet in der Bundesliga noch auf den 1. Saisonsieg – und gleichzeitig auf den 1. Ligaeinsatz seines Captains, Silvan Widmer. Der Aussenverteidiger laborierte an einer Sprunggelenksverletzung, steht jetzt aber vor seinem Comeback. Im Interview mit SRF spricht Widmer über die aktuell schwierige Zeit.
SRF Sport: Silvan Widmer, mit knapp 5 Monaten haben Sie eine relativ lange Verletzungspause hinter sich. Vor 2 Wochen sassen Sie gegen Gladbach wieder auf der Bank. Was war das für ein Gefühl, endlich wieder diese Matchatmosphäre zu spüren?
Silvan Widmer: Ich habe mich sehr darüber gefreut, es war eine lange Zeit. Jetzt geht es stetig aufwärts. Ich hoffe, dass ich bald auch wieder auf dem Platz stehen und meiner Mannschaft helfen darf.
Es war Ihre erste Sprunggelenksverletzung. War es die komplizierteste Verletzung Ihrer Karriere?
Es ist die Verletzung, die mich in meiner Karriere mit Abstand am längsten vom Fussballspielen abgehalten hat. Es war eine neue Erfahrung, ich musste lernen, richtig geduldig zu sein. Ich habe täglich hart an mir gearbeitet und versucht, jeden Tag als Chance zu sehen.
Es gab Tage und Wochen, da hatte ich das Gefühl, es geht gar nicht vorwärts.
Was war das Schwierigste an diesem «geduldig sein müssen»?
Es gab Tage und Wochen, da hatte ich das Gefühl, es geht gar nicht vorwärts. In diesen Momenten darf man die Positivität nicht verlieren und muss trotzdem mit einem Lächeln ins Training gehen.
Sie hatten zudem einen Eingriff an der linken Ferse. Wie ist dieser verlaufen?
Dieser Eingriff war der Grund für die lange Pause. Er war eigentlich für Ende Saison geplant, ich habe ihn aber vorgezogen, weil ich wegen der Sprunggelenksverletzung sowieso ausgefallen bin. Da bin ich auf gutem Weg. Es gibt aber immer noch Stellen, die etwas mehr Pflege benötigen.
Am Samstag steht das Duell mit den grossen Bayern an. Wie realistisch ist ein baldiger Startelf-Einsatz?
Ich habe bereits einige intensive Trainings mit der Mannschaft in den Beinen. Auch in den Testspielen durfte ich das Trikot wieder überziehen. Deshalb bin ich sehr optimistisch, bald wieder spielen zu dürfen. Und natürlich strebe ich auch wieder einen Platz unter den ersten 11 an. Da mit den Bayern jetzt ein Kracher wartet, wäre ein Comeback noch zusätzlich schön.
Der letzte Liga-Sieg von Mainz datiert vom 22. April, Gegner beim 3:1 war ausgerechnet Bayern München. Im darauffolgenden Spiel in Wolfsburg haben Sie sich verletzt. Wäre eine Rückkehr genau jetzt nicht fast zu kitschig?
Stimmt, das wäre es (lacht) . Es wäre wieder eine dieser schönen Geschichten, die fast nur der Sport schreiben kann. Es wird für uns ein schwieriges Spiel gegen dieses Kader. Aber wir glauben an unsere Chance.
Saisonübergreifend steht Mainz bei 12 Spielen in Folge ohne Sieg. Wie würden Sie den verpatzten Start in die neue Saison zusammenfassen?
So haben wir uns das natürlich überhaupt nicht vorgestellt. Wir haben in einigen Spielen nicht performt. Gleichzeitig gab es Spiele, in denen wir unsere Leistung abrufen konnten, es aber trotzdem knapp nicht gereicht hat. Ich denke da an Augsburg, Frankfurt oder Gladbach. Ich sehe aber auch die positive Entwicklung in der Mannschaft.
In Italien bei Udinese habe ich einmal 10 Spiele in Folge verloren. Das war damals noch schlimmer.
Wie schwierig war es für Sie, alles von aussen mitzubekommen und nicht auf dem Platz mithelfen zu können? Wird man da noch ungeduldiger?
Definitiv. Ich habe sehr gelitten in den letzten Wochen. Trotzdem war klar, dass ich mein Reha-Programm durchziehen musste – auch wenn es der Mannschaft schlecht läuft.
Haben Sie in Ihrer Karriere schon einmal eine solche Durststrecke erlebt?
In Italien (bei Udinese, d. Red.) habe ich einmal 10 Spiele in Folge verloren. Das war damals noch schlimmer. Aber auch damals haben wir einen Weg aus der Krise gefunden.
Was können Sie aus solchen Erfahrungen mitnehmen?
Ich hatte damals das Gefühl, dass wir zu verkrampft waren. Persönlich hatte ich gar keinen Spass mehr im Training. Der Druck war sehr gross. In Mainz versuche ich nun, diese Erfahrung einzubringen, damit wir uns eben nicht verkrampfen.
Das Gespräch führte Sarah Schiller. Umsetzung: Tobias Wüst.