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Goalie auf dem Weg an die WM Vergöttert und verflucht: Kiassumbuas Kongo-Abenteuer

Joël Kiassumbua nimmt mit dem Kongo Kurs auf die WM 2022. Dem Goalie schlägt in Afrika die ganze Bandbreite an Emotionen entgegen.

«Die Menschen rennen auf einen zu, gehen in die Knie, küssen einem die Füsse. Das ist ein Kulturschock.» Wenn Joël Kiassumbua jeweils in der Demokratischen Republik Kongo, dem Heimatland seines Vaters, ankommt, betritt er eine andere Welt.

Der Fussball ist im Kongo Staatsreligion. Die Menschen pilgern kilometerweit, um ihre Helden zu sehen. Das Nationalstadion in Kinshasa bietet eigentlich 80'000 Zuschauern Platz. «Meistens sind es aber viel mehr», erzählt Kiassumbua. «Man sieht sie dann, wie sie an den Masten von Strassenlaternen hängen, um einen Blick ins Stadion zu erhaschen.»

Die ganze Nation war erzürnt, wütend, enttäuscht.
Autor: Joël Kiassumbua

Vom Helden zum Deppen

Der gebürtige Luzerner ist seit 2015 Stammgoalie der kongolesischen Nationalmannschaft. Derzeit kämpft er mit seinem Team um die WM-Teilnahme. Dank einem 2:0 gegen Benin vor einer Woche hat sich der Kongo für die Playoff-Spiele vom März qualifiziert. «Das waren Emotionen pur. Gänsehaut. Ein ganzes Land war auf den Beinen», schwärmt Kiassumbua.

Im Kongo ist man schnell der Held, aber auch schnell der Depp. Die Schattenseiten dieser totalen Fussball-Euphorie hat Kiassumbua 2017 erlebt. «Wir haben gegen Tunesien innerhalb von 2 Minuten die Qualifikation für die WM aus der Hand gegeben. Die ganze Nation war erzürnt, wütend, enttäuscht. Wir wurden dann im Stadion mit Steinen beworfen und verflucht. Das war nicht mehr lustig.»

Kongolesische Geschichte schreiben

Auf Vereinsebene läuft es dem ehemaligen Schweizer U17-Weltmeister nicht so rosig. Sein Vertrag bei Servette war im Sommer ausgelaufen, derzeit ist er auf der Suche nach einem neuen Klub. Allzu grosse Sorgen macht sich Kiassumbua aber nicht. «Ich weiss, dass ich Qualitäten habe und bin positiv. Als National-Goalie möchte ich in einer grossen Liga Stammtorhüter sein. Das kann auch im Ausland sein, ich bin offen für vieles.»

Viel zentraler ist für den 29-Jährigen derzeit aber der Kongo. Im März stehen für die Zentralafrikaner 2 Playoff-Spiele an. Sollten sie sich durchsetzen, würden sie erst zum 2. Mal nach 1974 an eine WM-Endrunde fahren. Kiassumbua weiss: «Ich würde im Kongo in die Annalen eingehen.»

SRF zwei, Super League – Goool, 21.11.21, 19:00 Uhr ; 

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