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Internationale Ligen Schmidt - ein Walliser Tausendsassa in der Bundesliga

Vieles, was Martin Schmidt in seiner ungewöhnlichen Lebensgeschichte angepackt hat, wurde zum Erfolg. Selbstbewusstsein, Optimismus und ein «überragender Fussballsachverstand», sind die Faktoren, welche der Walliser selbst und sein Umfeld dafür ausmachen.

«Das ist tatsächlich eine Geschichte, die ich noch nicht ganz fassen kann», gesteht der sonst selten um Worte verlegene Martin Schmidt. Seit Februar ist der 48-jährige Walliser Trainer des FSV Mainz.

Ein Schweizer, der selbst keine langjährige Karriere als Fussballprofi vorzuweisen hat, lenkt die Geschicke eine Bundesligisten. Und er tut es in einer Art und Weise, welche ihm einhellig Lob einbringt. «Routiniert, als hätte er nie was anderes gemacht», sagt Spieler Stefan Bell. «Vielleicht realisiere ich im Sommer, was in den letzten Monaten abgegangen ist. Dafür muss ich mich wohl im Wallis auf eine Bank setzen und das alles Revue passieren lassen», führt Schmidt aus.

Als hätte er nie was anderes gemacht.
Autor: Stefan Bell Innenverteidiger FSV Mainz

Gut möglich, dass die entsprechende Bank auf der Belalp stehen wird. Denn hier nimmt das Fussballmärchen seinen Lauf. Schmidt und seine sechs Geschwister verbrachten jeden Sommer auf der Alp, ohne Strom und fliessendes Wasser. Die Kühe aus dem Stall treiben, das Heu wenden, Holz spalten – oder einfach: «Chrampfen. Von hier habe ich wichtige Dinge auf meinen Lebensweg mitgenommen» ist Schmidt überzeugt.

Aus dem Jungen, der auf der Alp-Weide stundenlang Fussball spielte, wurde erst ein Autogaragen-Besitzer in Naters, dann ein Mitbegründer einer Firma für Arbeitsbekleidung und jetzt also ein Bundesliga-Coach. Wenn Schmidt etwas anpackte, tat er dies immer mit einem starken Selbstbewusstsein und mit viel Optimismus. «Ganz egal, was er vor sich hat, er kann sein Gegenüber dafür begeistern», erklärt Schwester und Geschäftspartnerin Rita Amacker.

Die haben taktisch so gut gespielt, wir waren chancenlos.
Autor: Thomas Tuchel ehemaliger Trainer FSV Mainz

Mit seinen Qualitäten wusste Schmidt die sich bietenden Gelegenheiten zu nutzen. Als glücklich darf man seinen Weg in die Bundesliga bezeichnen, als zufällig aber nicht. Mit dem Thuner U21-Team fiel Schmidt im Sommer 2009 an einem Turnier in Deutschland positiv auf – Finalgegner war ein von einem gewissen Thomas Tuchel trainierter FSV Mainz.

Tuchel war schwer beeindruckt von Schmidt. «Die haben taktisch so gut gespielt, wir waren chancenlos. Kümmere dich doch mal darum, wer dieser Trainer eigentlich ist», habe ihm Tuchel geraten, so Mainz-Manager Christian Heidel. Ein Jahr später trainierte Schmidt die U23 von Mainz.

Auch Heidel attestiert Schmidt einen «überragenden Fussballsachverstand». Der Walliser sei nicht etwa ein «Ziehkind» von Tuchel gewesen, sondern vielmehr ein Partner auf Augenhöhe. Dass man Schmidt das Fanionteam anvertraut habe, sei unter diesen Gesichtspunkten kein grosses Risiko gewesen.

Ich suche mir den nächsten Berg. Und von diesem aus wieder den nächsten.
Autor: Martin Schmidt Trainer FSV Mainz

Der Einstand in der Bundesliga ist Schmidt geglückt. Die Abstiegsangst ist vertrieben, von den letzten sieben Partien verlor Mainz nur eine. Und Schmidt strebt nach mehr. «Es geht im Leben immer höher», so sein Credo. Deshalb steige man auf die Alp. «Und von da an sieht man, dass es noch höher geht. Ich suche mir den nächsten Berg. Und von diesem aus wieder den nächsten.»

Das Bild passt perfekt zur Belalp. Denn in ihrem Norden geht es ganz weit nach oben. Es thront, leicht versteckt von den vorliegenden Bergen, mit dem Aletschhorn ein Berg, der zweifelsohne zur Champions League der 4000er gezählt werden darf.

Sendebezug: sportlounge, 27.4.2015, 22:25 Uhr.

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