Manche Sätze altern richtig schlecht. Da boten etwa Herbert Hainers Worte Ende März im kicker- Interview ein äusserst anschauliches Beispiel. Als «klasse» lobte der Präsident des FC Bayern die Arbeit seines Trainers Julian Nagelsmann, ohnehin betrachte man diese als «Langzeitprojekt». 4 Tage später wurde Thomas Tuchel als neuer Übungsleiter an der Säbener Strasse vorgestellt. Nagelsmann weilte derweil in den Skiferien.
Ein moralisch fragwürdiger und finanziell anstrengender Schritt, der die Münchner angesichts der «gefährdeten Saisonziele» wieder auf Kurs bringen sollte. Um mit der erfolgsverwöhnten Truppe das Triple weiter im Visier behalten zu können, setzte man in den «Wochen der Wahrheit» auf Trainerfuchs Tuchel.
Angst vor erster titelloser Saison seit 11 Jahren
Keine drei Wochen später bleibt dem FCB wohl nur noch die Chance auf den 11. Meistertitel in Serie. Doch auch dort herrscht aktuell kaum mehr gekannte Spannung, Dortmund lauert nur zwei Punkte hinter dem Branchenprimus.
Nach dem Aus im DFB-Pokal-Viertelfinal gegen den SC Freiburg braucht es in der Champions League nicht weniger als ein Fussballwunder, um nach der 0:3-Hypothek aus dem Hinspiel bei Manchester City doch noch den Halbfinal zu erreichen. Es droht an der Isar also die erste titellose Saison seit 2011/12, als man das tragische «Vize-Triple» holte.
Oliver Kahn jedoch forderte von seinen Stars unmittelbar nach der Niederlage Durchhaltewillen. «Es sieht nicht so gut aus, nur ich habe im Fussball schon Unglaubliches erlebt. Es ist immer alles möglich», sagte der Vorstandschef. «Wir haben die Pflicht, in diesem Rückspiel noch einmal alles reinzuwerfen. Um unseren Fans auf der ganzen Welt zu zeigen, dass wir eben nicht aufgeben.»
Tuchel pflichtete ihm bei: «Es ist erst zu Ende, wenn man unter der Dusche ist. Wenn wir isoliert auf das Ergebnis schauen, scheint es unmöglich. Aber wir werden es nicht herschenken. Dafür sind wir viel zu angefressen und viel zu sauer.»
Und doch kann man bereits konstatieren: Die Wochen der Wahrheit brachten den Münchnern statt dem erhofften Erfolg einige fundamentale Erkenntnisse. Dass sich Siege nicht einfach kurzfristig kaufen lassen. Oder dass es in der Offensive an Durchschlagskraft fehlt ohne den abgewanderten Robert Lewandowski – zumindest, wenn Eric Maxim Choupo-Moting wie derzeit gerade verletzt ausfällt.